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6. Altenbericht

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11.3.4 „Altenwohl“<br />

Landesgesetzliche Regelungen assoziieren mit dem Alter und älteren Menschen besondere<br />

Lebenslagen, die in der Landes- aber auch in der Kommunalpolitik besondere Beachtung<br />

verdienen – ohne dass sie jedoch exklusiv formuliert werden. Sie stehen stets<br />

neben den Belangen anderer Bevölkerungsgruppen, etwa der Kinder, Menschen mit Behinderungen<br />

oder kranken Menschen. Die Vorschriften sind in dem ihnen zugrunde liegenden<br />

Altersbild insgesamt an potenziellen Leistungseinschränkungen orientiert, an einem<br />

besonderen Schutzbedarf, häufig unter präventiven Gesichtspunkten, weniger an<br />

den Potenzialen älterer Menschen. In der rechtswissenschaftlichen, insbesondere in der<br />

familienrechtlichen Diskussion wird die Frage diskutiert, ob angesichts der besonderen<br />

Gefährdungen, denen ältere Menschen, aber auch die sie begleitenden und betreuenden<br />

Familien ausgesetzt sein können, eine besondere familienrechtliche, gegebenenfalls aber<br />

auch öffentlich-rechtliche Verankerung und Akzentuierung des Schutzbedarfes älterer<br />

Menschen geboten sei (Zenz 2007: 147). Zenz betont in diesem Zusammenhang die Verletzbarkeit<br />

älterer Menschen, die bekannten Vernachlässigungs- und Missbrauchsgefahren,<br />

aber auch die Überforderungssituationen von begleitenden und pflegenden Familien.<br />

Alter begründet derzeit keinen besonderen familienrechtlichen Status. Gleichwohl setzt<br />

insbesondere auch das deutsche Sozialrecht auf die Funktionsfähigkeit von Familien und<br />

auf ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Unterstützungsbedarfe älterer Menschen. Die<br />

fiskalische Kalkulation der Pflegeversicherung setzt diese Leistungsfähigkeit von Familien<br />

voraus. Das preußische allgemeine Landrecht (1794) zählte es zu den Pflichten der Kinder,<br />

die „Aeltern in Unglück und Dürftigkeit nach ihren Kräften und Vermögen zu unterstützen<br />

und besonders in Krankheiten deren Pflege und Wartung zu übernehmen“ (PrALR<br />

II 2 63) (Zenz 2007: 149). Eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung kennt das deutsche<br />

Recht nicht mehr. Angesichts der potenziellen Abhängigkeit und Verletzlichkeit insbesondere<br />

„pflegebedürftiger“ alter Menschen und der daraus resultierenden tendenziellen<br />

„Rollenumkehr“ im Eltern-Kind-Verhältnis stellt Zenz die Frage, ob es diesbezüglich<br />

eines Wächteramtes des Staates bedarf, das sich in familienrechtlichen Normen, Verfahren<br />

und institutionellen Zuständigkeiten zum Schutz der Betroffenen konkretisiert. Aus<br />

dem Sozialstaatsgebot in Verbindung mit Artikel 1 GG können entsprechende Schutzpflichten<br />

des Allgemeinen Sozialdienstes der Kommunen abgeleitet werden (Hoffmann<br />

2010), allerdings nicht allein bezogen auf ältere Menschen, sondern, wie das Schweizer<br />

Erwachsenenschutzrecht (Art 440 ff ZGB), bezogen auf alle erwachsenen nicht „einwilligungsfähigen“<br />

Personen (Schweizerisches Zivilgesetzbuch, Artikel 440 ff ZGB). Zenz<br />

weist darauf hin, dass das deutsche Recht in seiner Ausrichtung auf eine traditionale Familiensolidarität<br />

weder für die besonderen Schutzbedarfe älterer Menschen – insbesonde-<br />

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