20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

orientierten Kriterien nicht auf die Hochaltrigkeit übertragen werden können. Diese Altersbilder<br />

müssen also so transformiert werden, dass sie die Menschen des vierten Lebensalters<br />

in der richtigen Weise würdigen, ohne sie ins Licht der Unproduktivität und damit eines<br />

negativen Altersbildes geraten zu lassen (welches ja immer die nicht intendierte<br />

Kehrseite eines produktiven Altersbildes darstellt). Die Begriffe von Aktivität und Produktivität<br />

im Hinblick auf das vierte Lebensalter neu zu konnotieren – darin liegt die besondere<br />

Aufgabe der Zivilgesellschaft.<br />

Wie kann und muss nun Aktivität oder Produktivität verstanden werden, wenn damit das<br />

verletzliche hohe Alter nicht ausgeschlossen werden soll? Mit den herkömmlichen Deutungen<br />

gelingt das nicht, denn sie sind einseitig auf das aktive und produktive Leben ausgerichtet.<br />

Das Alter beinhaltet letztlich eine doppelte Aktivität, die sich nicht nur auf das<br />

Leben, sondern auch auf den Tod bezieht: Aktives Altern bedeutet, sich auf einem längeren<br />

Weg in aktiver und „sehr eigenständiger Weise mit dem eigenen Sterben und dem<br />

Tod auseinander zu setzen und sich als selbstbestimmter und autonomer Mensch bis<br />

zum Ende des Lebens zu bewähren“ (Klie und Student 2007: 25). Was heißt es, bis zum<br />

Lebensende selbstbestimmt und autonom zu leben oder leben zu können? In der Konsequenz<br />

bedeutet dies, dass Menschen auch am Lebensende als Individuen und Subjekte<br />

ernst genommen und nicht auf einen Objektstatus als Hilfsbedürftige (als „Pflegefall“) reduziert<br />

werden. Eine Festlegung auf die Rolle einer ausschließlich nehmenden Person<br />

widerspricht dem Bild der Vielfalt menschlichen Lebens ebenso wie dem Grundgedanken<br />

der Inklusion und Teilhabe. Menschen dürfen nicht nur als Hilfsbedürftige wahrgenommen<br />

werden, sondern als Menschen, die uns etwas zu bieten haben. Dazu gehört aber unsere<br />

Bereitschaft und Fähigkeit, das mögliche Angebot schwer kranker und sterbender Menschen<br />

wahr- und anzunehmen. „Wir haben uns stets in Beziehung zum jeweiligen Individuum<br />

zu setzen und mit ihm auszuhandeln, was für ihn oder sie der richtige Weg ist. Und<br />

das, was er oder sie sagt, ist von größter Bedeutung“ (Klie und Student 2007: 14). Es<br />

kommt also darauf an, Menschen auch in äußerlich abhängigen Situationen als unabhängige<br />

Individuen wahrzunehmen und sie auch in diesen Situationen zum sozialen Leben<br />

beitragen zu lassen, das heißt, ihre Beiträge zu würdigen und gleichwertig anzunehmen.<br />

Auf diese Weise ist das Aktivitätsparadigma zu Ende gedacht, es ist nicht mehr nur halbiert<br />

und steht nicht mehr einseitig für einen unreflektierten und mitunter konzeptionslosen<br />

Aktionismus. Die Ergänzung und Vervollständigung des produktiven Altersbildes durch die<br />

Perspektive auf Sterben und Tod zeigt auf jeden Fall, dass der Begriff der Aktivität mit<br />

Blick auf die letzte Lebensphase nicht aufgegeben werden muss. Bei diesen Überlegungen<br />

wird auch deutlich, dass in den einseitig positiven Altersbildern das Alter kaum als<br />

Prozess in den Blick rückt; das Alter ist bei diesen Altersbildern eher eine Strukturkatego-<br />

125

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!