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6. Altenbericht

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als Männer – sie werden demnach also nicht nur stärker negativ bewertet im Alter, sondern<br />

dies auch über eine längere Zeit ihres Lebens als Männer.<br />

Dass ältere Frauen und ältere Männer unterschiedlich wahrgenommen werden, ist unbestritten.<br />

Allerdings zeigen neuere Studien, dass Unterschiede nicht so einseitig und<br />

pauschal ausfallen, wie es die These des „doppelten Standards“ unterstellt: Ältere Frauen<br />

werden nicht generell negativer bewertet als ältere Männer; vielmehr hängt die Wahrnehmung<br />

und Bewertung davon ab, welcher Aspekt einer Persönlichkeit (etwa Äußerliches,<br />

Intelligenz, Sympathie und so weiter) gerade im Fokus steht. Im Hinblick auf manche Eigenschaften<br />

werden ältere Frauen tatsächlich negativer bewertet als ältere Männer, bei<br />

anderen Merkmalen verhält es sich jedoch genau umgekehrt (siehe Kapitel 14 in diesem<br />

Bericht). So wurden in einer Studie Untersuchungsteilnehmer und Untersuchungsteilnehmerinnen<br />

gebeten, ältere Frauen und ältere Männer zu zeichnen (Barrett und Rohr 2008).<br />

Die Zeichnungen sollten dann von anderen Personen in verschiedener Hinsicht eingeschätzt<br />

werden. In der Tat zeigte sich, dass das in den Zeichnungen dargestellte chronologische<br />

Lebensalter, bei dem die gezeichnete Person als „alt“ eingeschätzt wurde, bei<br />

Frauen niedriger lag als bei Männern. Daneben ergab die Studie jedoch, dass ältere<br />

Frauen insgesamt positiver dargestellt und eingeschätzt wurden als ältere Männer. Auch<br />

Untersuchungen, in denen die Eigenschaften von „typischen“ älteren Männern und älteren<br />

Frauen eingeschätzt wurden, kommen zu geschlechtsdifferenzierten und merkmalsdifferenzierten<br />

Ergebnissen (Canetto, Kaminski und Felicio 1995): Im Hinblick auf einige Eigenschaften<br />

werden ältere Frauen positiver eingeschätzt als alte Männer (z. B. in Bezug<br />

auf Egozentrismus), im Hinblick auf andere Eigenschaften werden ältere Frauen negativer<br />

eingeschätzt als ältere Männer (z. B. mit Blick auf kognitiven Abbau oder auch die Attraktivität).<br />

Die These des „double standard of ageing“ lässt sich in ihrer Pauschalität also kaum aufrechterhalten.<br />

Interessant ist aber ein Blick auf die Eigenschaften, die bei älteren Frauen<br />

und älteren Männern unterschiedlich bewertet werden. Hier deutet sich an, dass die Unterschiede<br />

in der Bewertung der Geschlechter an traditionell verankerten, stereotypen<br />

Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit ansetzen: Wenn ältere Frauen in Bezug<br />

auf Egozentrismus positiver, bezüglich ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit aber negativer<br />

bewertet werden und wenn die Intelligenz der in den Spielfilmen gezeigten älteren Frauen<br />

eher negativ, die der dargestellten älteren Männer aber eher positiv eingeschätzt wird,<br />

verweist dies auf eine Anwendung von allgemeinen stereotypen Vorstellungen von geschlechtlicher<br />

Identität auch im Alter. Frauen wird offenbar auch hier eine stärkere soziale,<br />

emotionale Kompetenz zugesprochen, während männliche Charaktere auch im Alter primär<br />

durch Wissen und Macht positiv gekennzeichnet werden.<br />

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