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6. Altenbericht

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„sacherschließendes Erkennen“, nicht um altersgerechte Kommunikations- und Lebensformen,<br />

geschweige denn um konkrete Inhalte gelingenden Lebens im hohen Alter geht.<br />

Ihr Thema ist gar nicht das Altern selbst, sondern das Jungbleiben. Indem solche Ratgeber<br />

mit dem Alter einen Jugendkult treiben, verfehlen sie ihr Thema, blenden oder<br />

grenzen das Alter aus. Problematischer noch: Sie schüren Angst davor und machen Geschäfte<br />

mit dieser Angst. Sie bieten zwar stereotype Vitalisierungs-Programme für so genannte<br />

junge und fitte Alte an. Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Verletzlichkeit und Endlichkeit<br />

aber werden verdrängt. Diese erscheinen als das schlimme Ende, wo guter Rat versagt<br />

oder teuer ist, und sie bleiben auf diese Weise den dunklen Befürchtungen des Publikums<br />

überlassen.<br />

In einer anderen Sorte von Alters-Ratgebern geht es Autoren wie Anselm Grün (2008)<br />

und Henning Scherf (2006) explizit darum, auf sinnvolle Möglichkeiten hinzuweisen, die<br />

sich mit dem Alter auftun. Das sind einerseits Möglichkeiten im Bereich des bürgerschaftlichen<br />

Engagements, der Selbsthilfe und des Familienlebens. Das sind andererseits Möglichkeiten<br />

im Bereich der Lebenskunst, der Vorbild- und Korrektivfunktion. Fitness und<br />

Vitalität gehören zwar dazu, dienen aber konkreten Lebenszielen und gelten nicht in jeder<br />

Beziehung und schon gar nicht in jeder Lebenssituation. In diesen Ratgebern erscheint<br />

das Alter auch als ein Gegenpol, welcher in einer beschleunigten, dauerfitten, hypermobilen,<br />

in einer unruhigen und ungeduldigen Gesellschaft auf kulturelle Werte wie Besonnenheit,<br />

Milde, Dankbarkeit, Vertrauen, Loslassen-Können verweist. Gerade im Alter kommen<br />

demnach existenzielle Fragen auf, die ältere Menschen intensiver als jüngere Menschen<br />

an sich und die ganze Gesellschaft stellen, und zwar zum Nutzen aller Generationen. Jedoch<br />

kann es auch beängstigend im Sinne von Kontrollverlust sein, dem gezeichneten<br />

Bild des geistig regen, weisen, besonnenen Alters nicht zu entsprechen. Anselm Grün ist<br />

einer der wenigen Ratgeber-Autoren, der diese Angst bedenkt, indem er dem Alter Kontrollverlust<br />

zugesteht.<br />

3.2.6 Anders altern im Kräftefeld der Altersbilder-Politik<br />

Eine so große Offenheit und Vielfalt von Altersbildern, öffentlichen und privaten Lebensstilen,<br />

persönlichen Akzentsetzungen und Erlebnismöglichkeiten im Alter wie heute hat es<br />

kulturgeschichtlich bisher nicht gegeben. Damit einhergehen vielfältige Aneignungs-, Auslegungs-<br />

und Aushandlungsprozesse von Individuen und Gruppen. Und diese Prozesse<br />

sind bis ins hohe Alter nicht nur riskant und prekär, konform und uniform, sondern sie sind<br />

immer auch diffizil und subtil, ironisch bis hin zur Maskerade, kritisch bis hin zur Subversivität<br />

(Hörning und Winter 1999). Außerdem gibt es in hoch differenzierten Gesellschaften<br />

sehr unterschiedliche Handlungslogiken, gemeinschaftliche Orientierungen und Sinnstif-<br />

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