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6. Altenbericht

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3.2.7 Eine Kultur des humanen Alterns<br />

Eine Kultur humanen Alterns beginnt im direkten sozialen Umfeld. Stets werden zuallererst<br />

die kleinen Kreise genannt als derjenige „Lebensbereich, der im höheren und hohen<br />

Alter am wichtigsten für die individuelle Lebenszufriedenheit ist“ (Hollstein 2002: 235).<br />

Abgesehen von finanzieller Sicherheit und Gesundheit sieht die weit überwiegende Mehrheit<br />

der Bevölkerung in Deutschland in Familie, Verwandtschaft, Nachbarschaft und<br />

Freundschaften die beste Garantie für ein gutes Leben im hohen Alter. Und das geschieht<br />

unabhängig davon, ob es sich um säkulare, christliche, muslimische oder andere Milieus<br />

handelt. Insbesondere auch im Hinblick auf „körperliche Beeinträchtigung oder etwaige<br />

Pflegebedürftigkeit“ herrscht gewissermaßen transkulturelle Übereinstimmung dahingehend,<br />

dass verwandtschaftliche Bande und persönliche Beziehungen „auch in modernen<br />

westlichen Wohlfahrtsstaaten immer noch die wichtigsten Unterstützungspotenziale“ bieten<br />

(Hollstein 2002: 235).<br />

Diese Meinung hat vor allem mit dem Vertrauen auf anständige Behandlung zu tun, ein<br />

Vertrauen, das institutionellen Angeboten deutlich weniger entgegengebracht wird als<br />

nahweltlichen Arrangements. Dieses Vertrauensproblem reagiert zunächst auf die Erfahrung,<br />

dass sich betriebswirtschaftliche Argumente vordrängen, wenn über die institutionelle<br />

Betreuung alter Menschen diskutiert und entschieden wird. Die fortgeschrittene Rationalisierung,<br />

wie sie sich mit dem Minutenmanagement im Pflegebereich durchgesetzt hat,<br />

stellt Pflegestandards und deren Einhaltung durch Nachprüfbarkeit sicher. Aber sie ist mit<br />

der Gefahr verbunden, dass im Pflegeprozess menschliche Wärme nicht mehr jenes Gewicht<br />

besitzt, das sie besitzen sollte.<br />

Vor- und Nachteile werden indes auf beiden Seiten gesehen. Von Institutionen wird professionelle<br />

Sachwaltung erwartet, von persönlichen Beziehungen Verantwortungs- und<br />

Mitgefühl für das Einzelschicksal und pragmatische Hilfe „bei Aufgaben, die Wissen um<br />

alltägliche Lebensvollzüge der betreffenden Person erfordern“ (Hollstein 2002: 238).<br />

Nachteile werden einerseits in der Gefahr unterkühlter Sachwaltung und sozialer Benachteiligungen<br />

gesehen, andererseits in dem Risiko geringerer Leistungsfähigkeit und persönlicher<br />

Überforderung bis hin zu häuslicher Gewalt. Das Vertrauen in den nahweltlichen<br />

Bereich ist also durchaus nicht grenzenlos, und die Bedeutung institutioneller Lösungen<br />

wird erkannt und anerkannt. Es käme folglich darauf an, optimale Zuwendungen im<br />

zweckmäßigen und im emotionalen Sinne zu erreichen.<br />

Das Vertrauen auf persönliche Beziehungen hat überdies mit dem alltäglichen Wissen zu<br />

tun, dass Altersbilder, wie sie unter Nahestehenden gelten, deutlich andere Inhalte, Formen<br />

und Funktionen haben als Altersbilder, die etwa aus wirtschaftlichen, rentenfiskali-<br />

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