20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2.8 Wie wirken Altersbilder?<br />

Auch im Hinblick auf die Wirkungen ist es sinnvoll, die vier Erscheinungsformen von Altersbildern<br />

zu unterscheiden.<br />

(a) Die Wirkungen kollektiver Deutungsmuster. In politischen Debatten werden Altersbilder<br />

eingesetzt, um konkrete Reformvorhaben zu begründen und durchzusetzen. Je nach<br />

Kontext, also je nach Problemsicht und Lösungsvorschlag werden dabei unterschiedliche<br />

Altersbilder aktualisiert. Die Analyse von Bundestagsdebatten seit den 1950er Jahren<br />

zeigt, wie groß der Fundus an aktivierbaren Altersbildern ist, die aus Anlass verschiedener<br />

Reformvorhaben ( z. B. Rentenreformen, Einführung der Frühverrentung, arbeitsmarktpolitische<br />

Reformen) in den entsprechenden Debatten verwendet werden (siehe<br />

Kapitel 13 in diesem Bericht). Es wird dabei deutlich, dass manchmal Altersbilder von<br />

konkreten, an einer politischen Debatte beteiligten Akteuren strategisch eingesetzt werden,<br />

um bestimmte politische Ziele zu erreichen. Das in den letzten Jahren herausragende<br />

Beispiel hierfür ist das von den Gegnern und Gegnerinnen der „Rente mit 67“ beschworene<br />

Bild des älteren Dachdeckers, dem es aus gesundheitlichen, moralischen und<br />

arbeitsmarktpolitischen Gründen nicht zuzumuten oder möglich sei, länger im Berufsleben<br />

zu stehen. Andersherum hat es die seit einigen Jahren breit geführte Debatte über die<br />

Leistungsfähigkeit und die Aktivitätspotenziale älterer Menschen sicherlich erleichtert, die<br />

„Rente mit 67“ politisch überhaupt durchzusetzen. Generell wird der mit vielen positiven<br />

Altersbildern funktionierende Aktivierungsdiskurs in der Seniorenpolitik immer wieder mit<br />

politischen Bestrebungen in Verbindung gebracht, Leistungen der sozialen Sicherungssysteme<br />

nicht weiter auszubauen oder zu kürzen. Inwieweit und auf welche Weise ältere<br />

oder älter werdende Menschen das Ideal des aktiven Alterns in ihr Selbstbild und ihr Alltagshandeln<br />

einbauen, ist eine offene Frage. Die Wirkungen der diskursiven Altersbilder<br />

auf den Alltag älterer Menschen sind vermutlich selten eindeutig nachzuweisen (van Dyk<br />

und Lessenich 2009).<br />

(b) Die Wirkungen institutioneller und organisatorischer Altersbilder. Durch die herkömmliche<br />

Dreiteilung des Lebenslaufs in eine Bildungs-, eine Erwerbs- und eine Ruhestandsphase<br />

ist ein typisches Lebenslaufmuster vorgegeben, von dem individuell nur schwer<br />

abgewichen werden kann. Es kommt zum Beispiel nur höchst selten vor, dass eine Person<br />

in einem fortgeschrittenen Lebensalter eine Berufsausbildung beginnt, selbst wenn<br />

dies theoretisch natürlich möglich ist. Im Großen und Ganzen richtet sich die individuelle<br />

Lebensplanung immer noch in hohem Maße an institutionalisierten Altersgrenzen und<br />

Altersrollen aus.<br />

61

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!