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6. Altenbericht

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schaftlichen Disziplinen, die Altersbilder als Element der sozialen Praxis untersuchen,<br />

sind Soziologie, Wirtschaftswissenschaft, Psychologie, Ethnologie, Kommunikationswissenschaften<br />

und Linguistik. Experimentelle Studien über individuelle Altersbilder werden<br />

vor allem in der Psychologie durchgeführt, hier insbesondere in der Sozialpsychologie und<br />

der sozialen Kognitionsforschung.<br />

Übersicht 2.2: Die Messung von Einstellungen in der psychologischen Forschung<br />

Einstellungen werden in der Sozialpsychologie als hypothetisches Konstrukt behandelt. Es handelt sich dabei<br />

um eine unwillkürliche Tendenz (Prädisposition), Objekte als günstig oder ungünstig, positiv oder negativ<br />

einzuschätzen. Diese „Objekte“ können physikalische Dinge der Umwelt, Personen, Gruppen, aber auch<br />

Merkmale der eigenen Person und des Selbst sein. Einstellungen können nicht direkt beobachtet werden,<br />

sondern werden erschlossen aus der Reaktion von Personen auf die betreffenden Objekte. Es werden in der<br />

Sozialpsychologie drei Gruppen von Verfahren eingesetzt, um Einstellungen zu messen (Schwarz 2001).<br />

Diese Verfahren werden auch verwendet, um Einstellungen zum Thema Alter, Altern und alte Menschen zu<br />

erfassen.<br />

(a) Explizite Selbstberichte<br />

Es werden Aussagen vorgegeben, die von befragten Personen eingeschätzt werden. Als Antwortformat können<br />

so genannte Likert-Skalen vorgegeben werden (trifft sehr zu, trifft etwas zu, weder noch, trifft kaum zu,<br />

trifft nicht zu). Häufig wird auch das so genannte Semantische Differential eingesetzt. Dies besteht aus einem<br />

Satz von bipolaren, siebenstufigen Skalen, deren Endpunkte gegensätzliche Adjektive bilden, wie etwa<br />

gut/schlecht, süß/bitter, angenehm/unangenehm, groß/klein. Explizite Selbstberichte sind abhängig von Aussagenformulierung,<br />

Antwortvorgaben oder Merkmalen des/der Interviewers/in.<br />

(b) Implizite Einstellungsmessung<br />

Um Einstellungen zu erfassen, die eine befragte Person nicht äußern möchte oder nicht äußern kann, werden<br />

implizite Verfahren der Einstellungsmessung entwickelt. Besonders häufig werden lexikalische Entscheidungen<br />

verwendet. Die Grundidee lexikalischer Entscheidungen besteht darin, dass Personen zu entscheiden<br />

haben, ob eine Reihe von Buchstaben ein sinnvolles Wort darstellt oder nicht. In der Regel werden diese<br />

Buchstabenfolgen auf einem Computerbildschirm dargeboten. Die Aufgabe der Person besteht darin, auf der<br />

Tastatur eine bestimmte Taste zu drücken, wenn die Buchstabenfolge ein Wort ist, und eine andere Taste,<br />

wenn es sich nicht um ein sinnvolles Wort handelt. Beispielsweise stellt die Buchstabenfolge „Doktor“ ein<br />

sinnvolles Wort dar, die Buchstabenfolge „Kampul“ dagegen nicht.<br />

Interessanterweise werden Buchstabenfolgen, die ein sinnvolles Wort ergeben, schneller als Wort identifiziert,<br />

wenn zuvor ein semantisch verwandtes Wort gezeigt wird als wenn ein semantisch nicht verwandtes Wort<br />

gezeigt wird. Ein Beispiel: Das Wort „Doktor“ wird schneller als Wort erkannt, wenn zuvor das Wort „Pille“<br />

gezeigt wurde, nicht aber, wenn zuvor das Wort „Butter“ gezeigt wurde. Diesen Umstand macht man sich<br />

auch bei der Erforschung von Altersbildern zunutze, etwa indem zunächst das Wort „alt“ (oder das Wort „jung)<br />

gezeigt wird und dann das Wort „einsam“. Wenn das Wort „einsam“ schneller erkannt wird, wenn zuvor das<br />

Wort „alt“ präsentiert wurde, wird daraus der Schluss gezogen, dass „Einsamkeit“ als Bestandteil von „Alter“<br />

im Gedächtnis der Person repräsentiert ist. Mithilfe dieser Technik können experimentell auch negative Altersbilder<br />

wie „Senilität“ oder positive Altersbilder wie „Weisheit“ aktiviert werden.<br />

(c) Beobachtungen und psychophysiologische Messungen<br />

Grundsätzlich könnten Einstellungen auch über Beobachtungen (des Gesichtsausdrucks, des Verhaltens)<br />

oder über psychophysiologische Messungen erhoben werden. Allerdings ist die Interpretation von Verhalten<br />

bzw. psychophysiologischer Parameter nicht immer eindeutig. Möglicherweise werden bildgebende Verfahren<br />

des Gehirns in Zukunft bei der Messung von Einstellungen eine stärkere Rolle spielen als heutzutage.<br />

Im Folgenden werden einige der Methoden und Verfahren näher beschrieben, die in den<br />

verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zur Untersuchung der Entwicklung und der<br />

Wirkung von Altersbildern eingesetzt werden.<br />

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