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6. Altenbericht

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aus der Praxis, dass nicht nur die über 45-jährigen Angestellten es schwer haben, wieder<br />

eine Stellung zu bekommen, und seit vielen Jahren größtenteils arbeitslos sind, sondern<br />

dass das eigentlich schon mit 35 Jahren beginnt. […] Diese 80.000 oder 100.000 oder<br />

150.000 Menschen stehen nun seit Jahren auf der Schattenseite des Lebens und müssen<br />

sich mit der kümmerlichen Arbeitslosenunterstützung begnügen“ (VDB 20: 1450).<br />

Das während der 1920er Jahre entstandene negative Altersbild, das die über 40-Jährigen<br />

als „altes Eisen“ abgestempelt und zu Massenentlassung der als verbraucht und innovationshemmend<br />

geltenden älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen geführt hatte<br />

(siehe Kapitel 3.1 in diesem Bericht), beherrschte die Zeit ab etwa 1955. Angesichts der<br />

vergleichsweise niedrigen Renten, die für Arbeiter und Arbeiterinnen von durchschnittlich<br />

90 DM auf 143 DM im Monat gestiegen waren, war auch nach der Rentenreform von<br />

1957 weiterhin von „den Ärmsten der Armen unseres Volkes“ die Rede. Das „kümmerliche<br />

Leben“ der Millionen von Witwen wurde ebenso beklagt (VDB 42: 2772; 44: 4795) wie<br />

der „harte Lebensweg im Alter“, da „die Alten […] oft ganz kümmerlich durch ihren letzten<br />

Lebensabschnitt hindurch gehen“ (VDB 55: 5631). Wohlhabende und zufriedene Ältere<br />

blendeten die politischen Debatten vollkommen aus. Alter erschien hier gleichbedeutend<br />

mit drückender Armut.<br />

Dazwischen mischten sich die Stereotype, die sich während der Rationalisierungswelle in<br />

der Weimarer Zeit herausgebildet hatten und die nun angesichts des angestrebten Strukturwandels<br />

der Wirtschaft erneut an die Oberfläche traten. In den Beratungen über die<br />

Alterssicherung der selbstständigen Landwirte im Jahre 1957 verwies der Abgeordnete<br />

Klausner (CDU/CSU) auf das Problem der „so genannten alten Last“, das heißt „der Versorgung<br />

für den ehemaligen Hofbesitzer und die ehemalige Hofbesitzerin“ (VDB 38:<br />

13061). Mit der Altenhilfe in Höhe von 60 DM pro Monat für ein Ehepaar erhofften sich die<br />

Parlamentarier eine schnellere Übergabe der Höfe an die Kinder und damit „eine Verjüngung<br />

der deutschen Bauernschaft, und die können wir weiß Gott gebrauchen“, so der<br />

SPD-Abgeordnete Bading Ende 1958. Und weiter: „Die Rationalisierung wird vorangetrieben,<br />

denn es ist selbstverständlich, dass junge Menschen eher als ältere bereit sind, Rationalisierungsgedanken<br />

in die Tat umzusetzen“ (VDB 42: 2735f.). Oder der Abgeordnete<br />

Struve (CDU/CSU): „Nach wie vor muss es unser gemeinsames und großes Ziel sein, die<br />

Hofübergaben zu beschleunigen und dafür zu sorgen, dass junge tatkräftige Familien auf<br />

strukturverbesserten Betrieben arbeiten können“ (VDB 42: 2743). Wiederholt wurde die<br />

„Überalterung in der Landwirtschaft“ angesprochen und noch im Jahre 1970 die „Altenlast“<br />

(VDB 74: 4420). Seit Mitte der 1960er Jahre war zudem die Überalterung des Bergbaus<br />

ein Thema. Der Abgeordnete Arendt (SPD) sprach 1966 davon, „dass die bergmännische<br />

Belegschaft total überaltert ist und dass mit dieser überalterten Belegschaft jene<br />

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