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6. Altenbericht

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um körperliche Verrichtungen sondern auch um psychische und soziale Dimensionen des<br />

Hilfebedarfes. Pflegebedürftigkeit wird als „Merkmal“ einer Person verstanden, das potenziell<br />

Anlass für pflegerische Unterstützung gibt (Bartholomeyczik 2007). Dieser Begriff der<br />

Pflegebedürftigkeit sagt noch nichts über die im Einzelfall als notwendig oder für die Person<br />

als bedeutsam erachteten Maßnahmen aus. Der konkrete individuelle Hilfe- oder<br />

Pflegebedarf ergibt sich, indem Pflegeziele formuliert werden, die auf die Bewältigung des<br />

Alltags, auf die Erhaltung der Selbstständigkeit und auf die Förderung von Wohlbefinden<br />

und Gesundheit gerichtet sind. Danach ist der Pflegebedarf das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses.<br />

Aus pflegewissenschaftlicher Perspektive wird also zwischen Pflegebedürftigkeit<br />

als Personenmerkmal und Rechtsansprüche begründender Status einerseits<br />

und dem individuellen Pflegebedarf andererseits unterschieden.<br />

Aus geriatrischer Perspektive wird der Pflegebedarf einer älteren Person im Zusammenhang<br />

mit der Multimorbidität älterer Menschen gesehen. Dabei wird die Pflege in die therapeutischen<br />

und aktivierenden Bemühungen geriatrischer Behandlung integriert. Das<br />

Konstrukt der Pflegebedürftigkeit ist der Geriatrie selbst fremd. Prägend ist hier seit einigen<br />

Jahren das Konzept „Frailty“. „Frailty“ beschreibt im Wesentlichen eine erhöhte Verletzlichkeit<br />

älterer Menschen gegenüber Sekundärereignissen oder, umgekehrt formuliert,<br />

eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von funktionellen und medizinischen Defiziten beim Auftreten<br />

von Bagatellereignissen wie Stürzen oder Ortswechseln, aber auch Erkrankungen.<br />

Ein geriatrisches Verständnis von Pflegebedürftigkeit hebt auf kurative, rehabilitative und<br />

präventive Interventionen ab.<br />

Aus einer sozialarbeitswissenschaftlichen Perspektive wird ein lebensweltlicher Blick auf<br />

die Pflege gelenkt. Bei einem lebensweltlichen Verständnis von Pflege ist die individuelle<br />

Lebensführung des hilfsbedürftigen Menschen der Ausgangspunkt für die Gestaltung des<br />

Umgangs miteinander, für die Bestimmung der Pflegeziele und für die Ableitung der Unterstützungs-<br />

und Pflegeaufgaben, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Angesichts<br />

des Umstandes, dass Pflege in den meisten Fällen ausschließlich oder hauptsächlich<br />

durch Angehörige geleistet wird, entspricht eine lebensweltliche Perspektive am ehesten<br />

der empirischen Wirklichkeit der Pflege. Wenn man das ebenfalls in der Sozialarbeit<br />

handlungsleitende Konzept der Lebenslage (Weisser 1962) auf Pflegesituationen bezieht,<br />

kommt soziale Ungleichheit in den Blick, die in von Pflegebedürftigkeit geprägten Lebenssituationen<br />

zu erheblichen Unterschieden in den Realisierungschancen individuellen<br />

Wohlergehens und in der Umsetzung von Lebenszielen führen kann.<br />

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