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6. Altenbericht

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ßen Debatte über die Lebensverhältnisse der älteren Mitbürger und Mitbürgerinnen (VDB<br />

55: 5635). Auch andere Redner befürchteten, dass derjenige, der „seine Arbeitskraft nicht<br />

mehr im Produktions-, Verteilungs- oder Verwaltungsprozess einsetzen kann“, Gefahr<br />

läuft, „von den entscheidenden Beziehungen unseres gesamten gesellschaftlichen Lebens<br />

abgeschnitten zu werden“ (VDB 55: 5621). Wieder andere wiesen den Älteren einen<br />

Platz in der Familie ihrer Kinder zu, betonten ausdrücklich, dass auch die Rentner und<br />

Rentnerinnen vollwertige Mitglieder der Gesellschaft seien, dass sie am Leben in der<br />

Gemeinschaft teilhaben wollten, dass sie „eben nicht auf der Bank im Park Zaungäste des<br />

gesellschaftlichen Lebens“ seien (VDB 55: 5621–5638). „Wir brauchen ein neues Bewusstsein<br />

der Generationen für einander“, so Arbeitsminister Katzer (CDU/CSU) gut zwei<br />

Jahre später (VDB 62: 3016). Oder bei anderer Gelegenheit: „Wir haben zu sehen und zu<br />

beachten, dass die Alten in unserem Lande nicht nur ein Recht darauf haben, wirtschaftlich<br />

am Aufstieg teilzunehmen, sondern dass sie voll in unsere Gesellschaft integriert sein<br />

müssen. […] Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere alten Menschen an den Rand der<br />

Gesellschaft gedrängt werden“ (VDB 68: 10436). Bundeskanzler Brandt (SPD) mahnte in<br />

seiner Regierungserklärung vom Oktober 1969 die „menschliche Solidarität“ der Generationen<br />

an und „nicht nur materielle Unterstützung“ (VDB 71: 21). Bei dieser Debatte ging<br />

es um die Einheit der Gesellschaft, wogegen die meisten Abgeordneten wie auch die überwiegende<br />

Mehrheit der Bevölkerung nach den Worten des Soziologen Helmut<br />

Schelsky im Ruhestand „ein Leben im Nichtstun“ sahen, begleitet von materieller Not,<br />

schnell nachlassender Physis sowie Abhängigkeit von Jüngeren (Ehmer 2009: 224f.).<br />

13.2.3 Noch einmal: Gleichsetzung von Alter und Armut<br />

Mit Beginn der 1970er Jahre, als sich die Alten(hilfe)politik in Bund und Ländern etablierte,<br />

veränderte sich das vorherrschende Altersbild erneut. Für wenige Jahre beherrschte<br />

das Stereotyp von den finanziell benachteiligten Rentnern und Rentnerinnen die Debatten,<br />

wobei erstmals besonders benachteiligte Untergruppen wie Witwen, geschiedene<br />

Frauen, Altenteiler, Bewohner und Bewohnerinnen von Altenheimen, Kleinstrentner und<br />

Kleinstrentnerinnen, und auch ältere Selbstständige und Angehörige freier Berufe Vorlagen<br />

für diese Bilder abgaben. Vor allem die hohen Inflationsraten hätten die Situation der<br />

Rentner und Rentnerinnen, der sozial Schwächsten, „in unvertretbarer Weise verschlechtert“<br />

und die Renten im Vergleich zu den Löhnen auf den tiefsten Stand seit 1957 abgesenkt,<br />

so der Abgeordnete und frühere Arbeitsminister Katzer (CDU/CSU) im Juni 1971<br />

(VDB 76: 7555). Und ein Jahr später: „Die Höhe der Inflationsrate ist doch nichts anderes<br />

als der Ausdruck der Härte des Verteilungskampfes. Wenn große Gruppen dieser Gesellschaft<br />

ohne Rücksicht auf die legitimen Interessen anderer großer Gruppen und nicht<br />

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