20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Es wird deutlich, dass Religiosität und Spiritualität vor allem – und wahrscheinlich sogar<br />

ausschließlich – dann wirklich hilfreich sind, wenn es sich um lebenslang erworbene Ressourcen<br />

handelt, die im Alter genutzt und weiter gepflegt werden können. Es ist die im<br />

Lebenslauf erfahrene – oder eben nicht erfahrene – „Hilfe Gottes“ beziehungsweise die<br />

Unterstützung durch den Glauben und seine Verankerung vor allem in der Familie, die<br />

auch im Alter entscheidend ist. Zudem zeigt sich in vielen Studien, dass positive religiöse<br />

Wirkungen vor allem von einer intrinsischen Spiritualität ausgehen, sich also vor allem<br />

dann einstellen, wenn der Glaube um seiner selbst willen gelebt wird. In Fällen, in denen<br />

Religion wesentlich aufgrund eines äußerlich verordneten Normenkodex ausgeübt wird,<br />

treten sehr viel häufiger auch negative Wirkungen zutage. Religion wird dann leichter zu<br />

einer Quelle von Belastungen.<br />

In einer eher kritischen Hinsicht müsste überprüft werden, ob es Aspekte des christlichen<br />

Glaubens oder gar Formen von Religion gibt – und wenn ja, welche es sind, die einer befriedigenden<br />

Bewältigung der Anforderungen des Alters hinderlich sein könnten. Hier ginge<br />

es zum Beispiel um betont Angst machende, sehr fordernde oder sogar zwanghaft<br />

wirkende religiöse Gemeinschaftsbildungen und entsprechende Rituale, die mit Ausbildungen<br />

von Ressentiment einhergehen können.<br />

Um die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Religion und Alter besser verstehen<br />

und auch gestalten zu können, ist innovative sozialwissenschaftliche Forschung auf diesem<br />

Gebiet nötig. Die wissenschaftliche Forschung kommt aber dann an eine Grenze,<br />

wenn sie christliche Religiosität als nur noch funktional für die Bewältigung des Alters begreift<br />

und ihren substanziellen Gehalt aus dem Blick verliert. Dies kann insbesondere<br />

dann geschehen, wenn Spiritualität nur noch als mehr oder minder beliebig handhabbare<br />

und verfügbare „Ressource“ zur Lebensbewältigung oder gar zur Lebenssteigerung begriffen<br />

wird. Sowohl der Glaube an und das Vertrauen in Gott als auch existenzielle Qualitäten<br />

wie Glaube, Liebe und Hoffnung sind unverfügbar. Bei diesem Selbstverständnis<br />

steht die Eigenwirkung der religiösen Kommunikation im Vordergrund, in der sich die<br />

grundlegende Angewiesenheit der Menschen auf Gott „von selbst“ zur Sprache bringt. Auf<br />

diese Weise werden die Standards dessen, was in der Gesellschaft als ein gutes Alter<br />

oder auch als Gesundheit und Lebensqualität gilt, durch die Inhalte des christlichen Glaubens<br />

auch herausgefordert und mit geprägt.<br />

12.4 Altersbilder in der Praxis der Religionsgemeinschaften<br />

Es ist sehr schwer, einen Überblick über die Nutzung von Altersbildern in der Praxis der<br />

kirchlichen Arbeit zu gewinnen. Zu groß ist ihre Komplexität, zu unübersichtlich der kirchliche<br />

„Kleinverteilungsapparat“ und zu sehr hebt kirchliches Handeln auf individuelle Be-<br />

423

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!