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6. Altenbericht

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weil die Unvollständigkeit ihrer Perspektive die Bedingung ihrer Entstehung ist“ (Saake<br />

2006: 145f.).<br />

(2) Es gibt immer eine Pluralität von Altersbildern; verschiedene Altersbilder können nebeneinander<br />

existieren oder miteinander um eine Vorherrschaft konkurrieren. Diese Vielfältigkeit<br />

von Altersbildern lässt sich sowohl auf der Ebene der öffentlichen Diskurse (siehe<br />

Kapitel 13 in diesem Bericht) als auch auf individueller Ebene finden. Im Hinblick auf<br />

individuelle Altersbilder zeigen sozialpsychologische Studien, dass Altersstereotype komplexe<br />

kognitive Strukturen mit einer Vielzahl von durchaus unterschiedlich bewerteten<br />

Substereotypen sind. Jede Person kann also auf einen ganzen „Werkzeugkasten“ an Alterstypen<br />

zugreifen (Hummert u. a. 1994). Welcher Ausschnitt des Altersstereotyps, also<br />

welches Substereotyp, in einer bestimmten Situation zum Tragen kommt, hängt von der<br />

Situation selbst ab (Rothermund 2009). Je nach Kontext werden also verschiedene Altersbilder<br />

abgerufen.<br />

Auch wenn auf diese Weise die Eigenständigkeit von Altersbildern betont wird, müssen<br />

die Folgen und Wirkungen von Altersbildern beachtet werden. Altersbilder beeinflussen<br />

die Wirklichkeit, die sie zu spiegeln vorgeben. Wer davon überzeugt ist, dass das Alter vor<br />

allem körperliche Erkrankungen und kognitiven Abbau mit sich bringt, orientiert sich in<br />

Alltagskontakten mit älter werdenden und alten Menschen eher an dieser Vorstellung als<br />

am konkreten Verhalten des jeweiligen Gegenübers. Altersbilder können dadurch zu einer<br />

„selbsterfüllenden Prophezeiung“ werden, das heißt, dass älter werdende Menschen ihr<br />

Verhalten an Altersstereotype anpassen und somit alterskorrelierte Phänomene erst entstehen.<br />

Die Wissenschaft untersucht deshalb nicht nur, welche Faktoren für die Entstehung,<br />

Veränderung und Modifikation von Altersbildern verantwortlich sind, sondern auch,<br />

welche Folgen für Individuen und Gesellschaft bestimmte Altersbilder nach sich ziehen<br />

können (siehe Kapitel 14 in diesem Bericht).<br />

2.5 Sind Altersbilder positiv oder negativ?<br />

Altersbilder drücken nicht nur Annahmen darüber aus, was ist oder nicht ist, sondern auch<br />

Erwartungen daran, was sein sollte oder nicht sein sollte. Sie enthalten also auch Normwissen,<br />

Bewertungen und emotionale Interpretationen. Altersbilder polarisieren: Sie haben<br />

immer eine positive oder negative Konnotation, sie machen Aussagen darüber, was<br />

für gut und wünschenswert und was für schlecht und unerwünscht gehalten wird. Dieses<br />

normative Element von Altersbildern ist der Grund dafür, dass man sich dem Zwang zur<br />

Bewertung des Alters kaum entziehen kann.<br />

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