20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Altersbilder zeigen, inwiefern eine Gesellschaft symmetrische (herrschaftsfreie) Kommunikationen<br />

zwischen den Generationen ermöglicht oder dies nicht tut. Symmetrische<br />

Kommunikationsstrukturen bilden die Bedingung der Möglichkeit dafür, dass niemand<br />

wegen seines Alters gedemütigt, herabgesetzt oder entwürdigt, missachtet, ausgeschlossen<br />

oder bevormundet wird – weder sozial und kulturell noch symbolisch oder gar ideologisch.<br />

Und diese Bedingungen müssen auch und gerade in Lebensphasen gelten, die von<br />

eingeschränkten gesundheitlichen Ressourcen gekennzeichnet sind. In diesem Sinne<br />

erklärt die „Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“: „Jeder Mensch hat<br />

uneingeschränkten Anspruch auf Respektierung seiner Würde und Einzigartigkeit. Menschen,<br />

die Hilfe und Pflege benötigen, haben die gleichen Rechte wie alle anderen Menschen<br />

und dürfen in ihrer besonderen Lebenssituation in keiner Weise benachteiligt werden“<br />

(Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 2009: 4).<br />

Eine Kultur der Anerkennung und Inklusion älterer Menschen würde sogar weitestgehend<br />

vom Alter absehen (Dethematisierung); denn sie würde jeden einzelnen Menschen wertschätzen,<br />

und zwar nicht um seines Alters oder Zustands willen. Eine solche Kultur würde<br />

jeden einzelnen Menschen zur Achtung und Wertschätzung seiner selbst ermutigen. Eine<br />

solche Kultur wäre also auch eine Kultur der individuellen Lebenskunst, in der sich jeder<br />

darum sorgte, wie er selbst ein würdiges Leben führen könnte. Statt also ältere Menschen<br />

immer gleich auf ihr Alter anzusprechen und daraufhin abzuschätzen, was sie noch können<br />

oder nicht mehr können, wäre auf Selbstbeschreibungen und Selbstentwürfe zu achten.<br />

Dabei würde sich vor allem auch die interne Komplexität und Offenheit jeder Lebenssituation<br />

und Lebenspraxis zeigen. Und diese Weltoffenheit und kulturelle Plastizität im<br />

Kleinen und Naheliegenden beruht wesentlich auch darauf, dass es sich bei alltäglichen<br />

Interaktionen nicht allein um sprachliche und bewusste, sondern auch um leiblichsinnliche<br />

Fühlungnahmen und Kontaktnahmen, um Stimmungen und Atmosphären handelt.<br />

„Keine allgemeine Theorie, keine allgemeinen Sätze und Begriffe“, kein noch so detailliertes<br />

Datennetz kann diese Komplexität einholen. Sie ist letztlich irreduzibel, unsagbar,<br />

nicht abbildbar, nicht repräsentierbar (Rentsch 2008). Und schon gar nicht erschließen<br />

sich solche kleinen Situationen menschlicher Nähe einer großen Gewinn- und Verlust-Rechnung.<br />

Aber jeder und jede kann Beispiele davon erzählen.<br />

112

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!