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6. Altenbericht

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ie als eine Prozesskategorie. Gerade deshalb erscheint es erforderlich, die Transformationen<br />

des Altersbildes vom dritten zum vierten Lebensalter stärker herauszuarbeiten. Im<br />

Alterungsprozess müssen neue gesundheitliche Situationen und veränderte Lebensweisen<br />

(z. B. ein Leben mit schwerer Demenz) in die herrschenden Vorstellungen vom<br />

Mensch- und Bürgersein integriert werden. Spätestens dabei zeigt sich, dass diese Veränderungen<br />

im Alter mit konventionellen Bildern aktiven und produktiven Alters kaum, und<br />

mit den Bildern eines autonomen, vernunftgesteuerten Menschen gar nicht mehr in Einklang<br />

zu bringen sind. Produktivität und Aktivität mit Blick nicht nur auf das Leben, sondern<br />

auch auf Sterben und Tod, zeigt sich vor allem also in solchen Reflektions- und Umdeutungsleistungen.<br />

Wo und wie lässt sich nun diese differenzierte Vorstellung von Produktivität<br />

und Aktivität leben beziehungsweise schon beobachten?<br />

4.3.2 Bürgerschaftliches Engagement als Raum zur Entwicklung und<br />

Erprobung neuer Altersbilder<br />

Die Erprobung neuer freiwilliger Verantwortungsrollen lassen sich gerade im Bereich der<br />

Teilhabe und Pflege und der wachsenden Pflegebedürftigkeit von Hochbetagten und dementiell<br />

Erkrankten beobachten (Klie 2005; Klie u. a. 2005). Hier werden neue Formen<br />

der „geteilten Verantwortung“ (Klie und Schuhmacher 2009) eingeübt, die neue Leitbilder<br />

jenseits von Markt, Staat und Familie hervorbringen, jenseits des „Pflegefalls“. Aus zivilgesellschaftlicher<br />

Sicht bleibt dabei der rein fachliche und versorgungspolitische Ansatz<br />

hinter den neueren Überlegungen zu einem „demenzfreundlichen Gemeinwesen“ zurück,<br />

bei denen Menschen mit Demenz nicht als zu Versorgende angesehen werden, sondern<br />

als Bürgerinnen und Bürger, die das Gemeinwesen interaktiv mitgestalten (Wißmann und<br />

Gronemeyer 2008).<br />

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Menschen mit Demenz auf diese Art<br />

an der Gesellschaft teilhaben und nicht von ihr ausgeschlossen werden? Exklusionsvermeidung<br />

setzt nicht nur ein reflexives Demenzverständnis voraus; es kommt auch darauf<br />

an, bestehende Denkmuster und Etikettierungen infrage zu stellen. Diese Prozesse beginnen<br />

bereits im sozialen Netzwerk des Gemeinwesens und nicht erst nach Aufnahme in<br />

eine Einrichtung der stationären Pflege. Freiwilliges Engagement in „Care“-Kontexten<br />

kann dabei folglich auf besondere Weise „manifesten Exklusionsgefahren“ (Klie u. a.<br />

2005: 126) vorbeugen und ermöglicht Sozialisationsvorgänge in Richtung auf soziale<br />

Teilhabe. Alter wird dabei nicht wahrgenommen als eine Lebensphase des Verlustes, der<br />

Defizite und der „Desozialisation“ (Woll-Schuhmacher 1980), sondern als Lebensphase<br />

mit noch nicht erschlossenen Möglichkeiten, in Pflegeheimen ebenso wie in familialen<br />

Hilfearrangements. Wenn Aktivität und Produktivität breit verstanden werden und Tod und<br />

126

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