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6. Altenbericht

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sichten vom Alter. Alterszeichen wucherten zu einem von der Norm abweichenden Makel.<br />

Alter schien gleichbedeutend mit altmodisch, rückständig, träge und lendenlahm.<br />

Die von der Sportbewegung herkommenden Körperbilder fanden in der Zwischenkriegszeit,<br />

als die Massenmedien endgültig zu Großversorgern von Lebensentwürfen geworden<br />

waren, eine rasche und weiträumige Verbreitung. Die Durchsetzung der allgemeinen<br />

Schulpflicht hatte das Analphabetentum inzwischen zurückgedrängt, und seit der Jahrhundertwende<br />

war es zudem möglich, Druckerzeugnisse mit Fotos zu illustrieren und dem<br />

Leser so eine neue Dimension von Authentizität zu vermitteln. Speziell die Modefotografie<br />

und die Werbung sorgten mit Hilfe von Illustrierten und Plakaten für eine massenhafte<br />

Verbreitung der neuen Körperbilder, wenig später auch der Spielfilm, der mit seinen<br />

künstlich geschaffenen Leinwandidolen die Attraktivität dieser Körperformen weiter steigerte.<br />

Während sich zuvor die Altersbilder an der Realität orientierten, fungierten spätestens<br />

seit der Weimarer Republik die zum Teil künstlich erzeugten Medienbilder als Vorlagen.<br />

Die Bedeutung eines muskulösen, jugendliche Frische ausstrahlenden Körpers<br />

nahm proportional zu Zahl und Qualität der Abbildungen zu. Der Nationalsozialismus hat<br />

diesen Körperkult alsbald für seine Zwecke instrumentalisiert und dem athletischen Körper<br />

in den Medien zu Omnipräsenz verholfen mit dem Höhepunkt während der Olympischen<br />

Spiele 193<strong>6.</strong> Leni Riefenstahl bannte den Auftritt der Olympiakämpfer als „Fest der<br />

Schönheit“ auf Zelluloid, stellte Kraft, Eleganz und Macht anhand muskulöser Körper dar<br />

und idealisierte Menschen von makelloser Schönheit als die besseren Geschöpfe.<br />

Die Werbung nutzte die Glorifizierung des jugendlichen Körpers für ihre Zwecke und ließ<br />

in Zeitungen, Illustrierten und an den Häusergiebeln ganze Heerscharen glückstrahlender<br />

junger Menschen aufmarschieren. Sie lockte als Reaktion auf das inzwischen vermehrt<br />

geäußerte gesellschaftliche Unbehagen am Altern und Altsein mit immer neuen Verjüngungsmitteln,<br />

obwohl gerade diese Versprechungen recht schnell in Enttäuschungen endeten.<br />

Die neuen Plakate und Werbeanzeigen, die sich dem großstädtischen Tempo anzupassen<br />

suchten und im Telegrammstil die Bevölkerung ansprachen, übermittelten ihre<br />

Botschaften inmitten der Hetze der Großstadt mit wenigen reinen Farben, einer klaren<br />

Typografie sowie einfachen, schlanken Körperformen, die ohne alle Worte Dynamik ausstrahlten.<br />

Die Werbemacher modellierten ganz im Sinne der sich am Horizont abzeichnenden<br />

Konsumgesellschaft immer neue Leitbilder, die stetig schöner und jugendfrischer<br />

wurden. Sie verkündeten unausgesprochen, dass vor allem die jungen Frauen an ihrem<br />

Aussehen zu arbeiten hatten, um ihr Wohlbefinden zu perfektionieren, dass jeder Mann<br />

und jede Frau ihre Körper immer noch stärker oder schöner machen konnten, sieht man<br />

von den Alten ab.<br />

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