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6. Altenbericht

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allem als Negation, die aus einem Vergleich zu früheren Lebensphasen entsteht („Nachlassen<br />

von ...“, „Mangel an...“, „Fehlen von...“, „zunehmender Verlust an...“). Sie kennen<br />

allerdings eine Vielzahl von Patienten und Patientinnen, die diese defizitären Kriterien<br />

nicht erfüllen. Als nicht alt gilt zum Beispiel, wer interessiert und „geistig fit“ ist, wer am<br />

Leben teilnimmt, Kontakte sucht und „sich nicht hängen lässt“. Entsprechend werden solche<br />

Personen, auch wenn sie schon im hohen kalendarischen Alter sind, nicht als alt bezeichnet<br />

(Walter u. a. 2006).<br />

Es ist äußerst schwierig, die Normalität des Alters zu erfassen. Vielfach wird zur Bewältigung<br />

der Komplexität der Wirklichkeit diese durch eine Polarisierung – vereinsamter, leidender,<br />

abhängiger Mensch versus selbstständiger, unternehmungslustiger, geistig fitter<br />

Hochbetagter – reduziert. Grundsätzlich verbinden Ärzte, Ärztinnen und Pflegekräfte mit<br />

„Alter“ zahlreiche negative, aber auch positive Aspekte. Allerdings sind diese über die drei<br />

Dimensionen des Alterns nicht gleich verteilt. So werden für den körperlichen Bereich<br />

keine Gewinne wahrgenommen. Eindeutig überwiegen hier negative Assoziationen wie<br />

das Nachlassen körperlicher Fähigkeiten, Beschwerden, Behinderung und Pflege bis hin<br />

zu Krankheit und Tod. Hervorzuheben ist, dass Alter zwar mit einem vermehrten Auftreten<br />

von Krankheiten verbunden, aber nicht mit Krankheit gleichgesetzt wird. Im kognitivpsychischen<br />

Bereich werden vor allem das Nachlassen geistiger Fähigkeiten, Verwirrtheit,<br />

Demenz, Unzufriedenheit sowie Unflexibilität und Starrsinn mit Alter assoziiert. Aber auch<br />

positive Aspekte und Gewinne werden dem Alter zugeordnet: Erfahrung, Reife, Interesse,<br />

Anteilnahme, Engagement, Weisheit, Zufriedenheit und Lebensfreude. Ebenso ist nach<br />

Meinung der Ärzte, Ärztinnen und Pflegekräfte der Bereich der Lebenssituation geprägt<br />

von Gewinnen (Zunahme an Freizeit, nachlassende Verpflichtungen, finanzielle Sicherheit)<br />

wie auch von Verlusten und Verschlechterungen (Einsamkeit, soziale Abwertung,<br />

Abhängigkeit, Fremdbestimmung, kleiner Bewegungsradius).<br />

9.2.2 Besonderheiten in der Diagnostik und Behandlung älterer Menschen<br />

Die in diesem Abschnitt angeführten Beispiele weisen auf – bislang noch nicht hinreichend<br />

bekannte – geschlechter- und altersspezifische Bedarfe in der Diagnostik, Therapie<br />

und Behandlung hin, denen in der Versorgungsrealität nicht immer adäquat entsprochen<br />

wird. Zudem zeigen Studien alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Versorgung<br />

auf. Inwieweit diese auf Altersbilder zurückgeführt werden können, bleibt offen.<br />

Zu bedenken ist jedoch, dass Altersbilder nicht nur auf der individuell-professionellen Ebene,<br />

sondern auch auf der organisatorisch-institutionellen Ebene wirksam werden, zum<br />

Beispiel bei der Gewährung von Maßnahmen und der Ausgestaltung entsprechender Angebote.<br />

Altersbilder können aber auch in die Prioritätensetzung der zugrunde liegenden<br />

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