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6. Altenbericht

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ökonomischen Austauschbeziehungen zwischen Jung und Alt berechnet und damit das<br />

angebliche ökonomische Ungleichgewicht im Generationenverhältnis quantifiziert. Dabei<br />

werden ältere Menschen vor allem als Empfänger und Empfängerinnen von Sozialtransfers<br />

behandelt und tauchen in der Konsequenz als (kostspielige) Rentner und Rentnerinnen,<br />

GKV-Kranke oder SGB XI-Pflegebedürftige auf (für die die Jungen aufzukommen<br />

haben). Das damit verbundene Altersbild ist das des „Alters als Phase des Sozialleistungsbezugs“,<br />

am deutlichsten erkennbar in der Typisierung des Alters im Altenquotienten<br />

in der sozialpolitischen Diskussion um die finanziellen Auswirkungen des demografischen<br />

Wandels (Bäcker u. a. 2007b). Der Altenquotient ergibt sich, wenn der Anteil, den die über<br />

60-Jährigen an der Bevölkerung haben, ins Verhältnis gesetzt wird zu dem Anteil, den die<br />

20- bis 60-Jährigen an der Bevölkerung haben. Überspitzt formuliert, ist es von da aus<br />

nicht mehr weit zum Bild der älteren Menschen als „Nutznießer des Sozialstaates“.<br />

Die Ausbeutungsthese taucht in der öffentlichen Debatte immer wieder auf, obwohl sie<br />

durch zahlreiche empirische Studien widerlegt ist (Kohli und Künemund 2000; Künemund<br />

und Hollstein 2000; Künemund und Motel 2000; Künemund und Vogel 2006). Die Forschungsergebnisse<br />

zeigen, dass solidarisches Handeln zwischen den Generationen zur<br />

Alltagsrealität des Zusammenlebens gehört – zumindest im Familienverband im Rahmen<br />

des so genannten kleinen Generationenvertrags, der sich inzwischen längst von einem<br />

Zwei- zu einem Dreigenerationenvertrag entwickelt hat. Solidarisches Handeln zwischen<br />

den Generationen findet dabei immer dann statt beziehungsweise kann immer dann erwartet<br />

werden, wenn die Betroffenen familiäre Solidarität schon in der Vergangenheit<br />

praktisch erfahren haben. Es scheinen über den gesamten Lebenslauf hinweg innerfamiliäre<br />

Reziprozitätsbeziehungen zu wirken: Einmal in der Kindheits- und Jugendphase erfahrene<br />

praktische Unterstützung wird später im Bedarfsfall zurückgegeben. Dies gilt insbesondere<br />

für praktische Solidarität gegenüber der alten Generation. Und umgekehrt unterstützt<br />

die ältere Generation selbst im sehr hohen Alter noch die nachrückenden Generationen<br />

– vorausgesetzt, die eigene gesundheitliche und/oder ökonomische Lage lässt<br />

dies zu. Allerdings gilt auch, dass die in beide Richtungen wirkende Unterstützung zwischen<br />

den Generationen einer sozial-, familien-, alten- und pflegepolitischen Flankierung<br />

bedarf, wie sie nur ein auf sozialstaatlichen Prinzipien fußender, intakter großer Generationenvertrag<br />

erbringen kann (Szydlik 2000).<br />

Schon 2002 hat die Enquête-Kommission „Demografischer Wandel“ darauf hingewiesen,<br />

dass die so genannten Generationenbilanzen auf einer unzulässigen querschnittlichen<br />

Sicht des intergenerationellen Leistungsaustausches beruhen. In der Regel durchlaufen<br />

Menschen die verschiedenen Lebensphasen in unterschiedlichen Funktionen und sind<br />

damit zeitweilig „Nettozahler“ und zeitweilig „Nettoempfänger“ (Deutscher Bundestag<br />

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