20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Stahlbranche lediglich darum, Personal abzubauen – und zwar in einem enormen Ausmaß.<br />

So wurden seit den 1960er Jahren mehr als 300.000 von über 400.000 Arbeitsplätzen<br />

abgebaut, die meisten über unterschiedliche Frühverrentungswege. Der neuerliche<br />

Boom der Stahlbranche in Deutschland, der seinen Höhepunkt in den Jahren 2004 bis<br />

2007 hatte, hat zu veränderten personalstrategischen Überlegungen und Maßnahmen<br />

geführt, die nicht mehr lediglich auf Abbau, sondern auch und gerade auf eine stärker<br />

nachhaltig orientierte Personalpolitik zielen. Dies ist nicht zuletzt auch erforderlich, da die<br />

Stahlindustrie in den kommenden Jahren gleich in mehrfacher Weise vom demografischen<br />

Wandel betroffen sein wird:<br />

(1) Der Personalabbau und Einstellungsstopp der letzten Jahrzehnte hat zu einer relativen<br />

Alterung der Belegschaft in den Betrieben der Stahlindustrie geführt, und das, obwohl<br />

viele der Beschäftigten bereits um das 58. Lebensjahr den Betrieb verlassen. Vor dem<br />

Hintergrund der immer noch weit verbreiteten und nach wie vor belastenden Nacht- und<br />

Schichtarbeit sowie neu hinzugekommen, in der Eisen- und Stahlindustrie lange Zeit übersehenen,<br />

insbesondere psychischen Belastungen (z. B. Zeit- und Arbeitsdruck, hohe<br />

Konzentration und Verantwortung) stellt sich für die Betriebe zunehmend die Frage, wie<br />

sie die Produktivität ihrer alternden Belegschaften sichern und fördern können. (2) Der<br />

große Anteil an älteren Beschäftigten führt dazu, dass in den kommenden Jahren große<br />

Kohorten nahezu zeitgleich die Betriebe altersbedingt verlassen werden. Wie der damit<br />

verbundene Wissens- und Erfahrungsverlust verhindert oder kompensiert werden kann,<br />

ist in den meisten Fällen ungeklärt. (3) Es stellt sich die Frage, ob und wie angesichts des<br />

prophezeiten Fachkräftemangels qualifizierte Nachwuchskräfte für die Betriebe gewonnen<br />

werden können.<br />

Der Tarifvertrag versucht, auf diese neuartige Situation neue Antworten zu geben. Es geht<br />

vor allem um die Frage, wie Arbeitsbedingungen alternsgerecht gestaltet werden können,<br />

um Menschen länger als bisher in den Betrieben der Stahlindustrie gesund, qualifiziert<br />

und motiviert zu beschäftigen. Dies vor allem deshalb, weil die Expertise der älteren, erfahrenen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz raumgreifender Automatisierung bei der<br />

starken Prozessorientierung immer noch wichtig und gefragt ist. In diesem Zusammenhang<br />

kann es durchaus als problematisch angesehen werden, dass trotz der innovativen<br />

Inhalte und der damit verbundenen strategischen Neuausrichtung immer noch althergebrachte<br />

Handlungsmuster Platz greifen, die auf eine vorzeitige Ausgliederung älterer Beschäftigter<br />

abzielen. Aus der Perspektive der Gewerkschaften sind solche Optionen jedoch<br />

weiterhin notwendig, um den belastenden Arbeitsbedingungen der Stahlindustrie<br />

Rechnung zu tragen, denn immer noch, so das Argument, gibt es nicht genügend Arbeitsplätze,<br />

auf denen man gesund bis zur Rente arbeiten könne.<br />

219

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!