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6. Altenbericht

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nen in dem Maße steigt, wie sie kulturell sensibel und mit religiöser Umsicht geführt werden.<br />

Und das gilt auch für Alten- und Pflegeheime, sofern dort Türkisch sprechendes Personal<br />

eingesetzt, kultur- und geschlechtsspezifische Schamgefühle beachtet, Essensregeln<br />

eingehalten, Musikvorlieben berücksichtigt, Gebetsmöglichkeiten bereitgestellt werden<br />

und sofern auch an Moscheen und muslimische Friedhöfe in der Nähe gedacht wird.<br />

Eine solche Entwicklung einzuleiten beziehungsweise zu verstärken, das wird wesentlich<br />

von Eigeninitiativen der betroffenen Gruppen selbst abhängen. Jedenfalls erweist sich die<br />

kulturell verbreitete Erwartung, dass türkischstämmige Familien in Deutschland ihre Angehörigen<br />

selbst pflegen, seit den 1990er Jahren mehr und mehr als unzutreffend. Vor<br />

allem von der zweiten und dritten Generation werden die Möglichkeiten alternativer Lebenswege<br />

auch im Hinblick auf das Alter geschätzt; kultur- und religionsspezifische Einstellungen<br />

und Ideale werden pragmatisch moduliert.<br />

Es kann festgehalten werden, dass in Gesellschaften der Gegenwart übergreifende und<br />

zwingende Semantiken des Alters obsolet geworden sind. Hier spiegelt sich die kulturelle<br />

Vielfalt der Welt im Inneren jeder einzelnen Gesellschaft wider, nämlich in der Multikulturalität<br />

auch von Altersbildern. In modernen Gesellschaften wollen Menschen, dass ihre<br />

kulturellen und religiösen Orientierungen und Ansprüche berücksichtigt werden. Bevölkerungskreise<br />

mit starken kulturellen und religiösen Bindungen sind somit einerseits herausgefordert,<br />

sich auf kulturelle Vielfalt und zweckrational vermittelnde Institutionen einzustellen.<br />

Andererseits aber lassen sich auch in diesen Institutionen (z. B. in Alters- und<br />

Pflegeheimen) bis zu einem gewissen Grad durchaus Standards implementieren, die kultur-<br />

und glaubensgemäß erscheinen.<br />

3.2.5 Altern heute: Vielfalt der Optionen oder vorgezeichnete Pfade?<br />

Altersbilder fügen sich heute keinem starren soziokulturellen Koordinatensystem mehr,<br />

weder ständischen Hierarchien noch ethnischen oder religiösen Alleinstellungsansprüchen,<br />

nicht einmal mehr einem rigiden Raster von Klassen, Schichten und festen Sozialmilieus.<br />

Auf den Feldern der Öffentlichkeit kursiert und konkurriert eine Vielzahl von Meinungen,<br />

Vorschlägen, Ideen zum Thema Alter und Altern. Und diese können nicht auf<br />

einen gemeinsamen Nenner gebracht werden; „Desintegration erscheint als Normalfall“<br />

(Saake 2006: 120). Die Altersbilder der Gesellschaft sind so heterogen wie die Problemlagen<br />

und Perspektiven, die in diversen Gruppen, Organisationen und Systemen entstehen.<br />

Und einmal entstandene Altersbilder stehen stets wieder zur Disposition, sobald sich<br />

Problemlagen ändern, andere Themenstellungen und Meinungen erfolgversprechender<br />

erscheinen, sobald funktionale oder pragmatische Gründe neue Lösungen erfordern.<br />

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