20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

zuletzt von Minderheiten in dieser Gesellschaft sich ein möglichst großes Stück vom Sozialprodukt<br />

abschneiden, dann wird eine unheilvolle Entwicklung in Gang gesetzt, in der<br />

die sozial Schwachen regelmäßig die Leidtragenden sind“. Und das sind die Rentner und<br />

Rentnerinnen; sie sind die „eigentliche Verlierergruppe der Inflation“ (VDB 80: 11215).<br />

Aufgrund der ständig steigenden Lebenshaltungskosten würden immer mehr alte Menschen<br />

unter das Sozialhilfeniveau absinken, sodass „ein solcher Rentner nach einem erfüllten<br />

Arbeitsleben für sein Taschengeld zum Sozialamt gehen“ müsse, wie Heiner<br />

Geissler (CDU/CSU) im Mai 1973 formulierte (VDB 83: 1753). Nach der Abgeordneten<br />

Kalinke (CDU/CSU) hätten „die Rentner ganz allein die Last der so schweren wirtschaftlichen<br />

Lage und der Entwicklung der Preise“ zu tragen (VDB 80: 11236). „Tatsache ist“, so<br />

der Abgeordnete Katzer (CDU/CSU), „zwei Drittel bis drei Viertel aller Rentner haben laut<br />

Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes von 1970 noch nicht einmal ein monatliches<br />

Nettoeinkommen von 600 DM“, und zwar unter Berücksichtigung sämtlicher Einkünfte,<br />

wogegen die Sozialhilfe einem über 65 Jahre alten Ehepaar „bereits mehr als 600 DM<br />

monatlich als sozial-kulturelles Existenzminimum“ gewährt (VDB 80: 11214).<br />

Das wiederbelebte Bild der darbenden Rentner und Rentnerinnen wurde verstärkt durch<br />

die zunehmende Konzentration auf die Probleme der genannten Untergruppen. Abgeordnete<br />

verwiesen darauf, dass viele offensichtlich ihr „bescheidendes Zimmerchen im Altersheim“<br />

kaum noch bezahlen konnten und keine 20 Mark übrig hatten, um ihren Enkeln<br />

und Enkelinnen ein Geschenk zu machen (VDB 76: 7570). „Welcher Rentner kann sich<br />

noch einen Platz im Altersheim leisten? Wer bei den erhöhten Telefongebühren einen<br />

Telefonanschluss?“, fragte der Abgeordnete Katzer (CDU/CSU) im Juni 1972 (VDB 80:<br />

11579). Ähnlich der Abgeordnete Geisenhofer (CDU/CSU) im Januar 1974: „Es ist bezeichnend:<br />

Heute reicht die Pension eines Studienrates in Höhe von monatlich 1200 DM<br />

nicht mehr aus, um die Heimpflegekosten für sich und seine Frau aufzubringen“ (VDB 86:<br />

4667). Andere nannten steigende Zahlen an Selbstständigen, die „im Falle der Invalidität<br />

und im Alter oft schlechtergestellt sind als der große Teil der Arbeitnehmer“ (VDB 77:<br />

8044). Dies gelte „insbesondere für die vertriebenen ehemals Selbstständigen, die erst<br />

nach dem Kriegsende versicherungspflichtig wurden“ (VDB 91: 9732). Wieder andere<br />

Abgeordnete kamen auf die „ärmsten Schichten unseres Volkes, nämlich die Kleinstrentner“<br />

zu sprechen, „denn was sie haben, reicht nicht“ (VDB 77: 8366).<br />

Relativ spät und nur sehr zögerlich kam die Situation älterer Frauen zur Sprache. Obwohl<br />

der Bundestag Anfang Mai 1977 über die Enquête-Kommission Frau und Gesellschaft<br />

debattiert hatte, kamen die oftmals sehr geringen Renten und prekären Lebenssituationen<br />

älterer Frauen, darunter die der Trümmerfrauen, erst ab 1984 ausführlich zur Sprache –<br />

ihre Armut und ihr dadurch bedingter Rückzug aus dem öffentlichen Leben, die Verküm-<br />

439

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!