20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

che integriert – bis hin zu rein hauswirtschaftlichen Hilfebedarfen, die die Pflegestufe 0<br />

begründen können. 9 Interessanterweise wird im Sozialhilferecht nicht mehr auf den somatischen<br />

Pflegebedarf abgestellt und damit der Pflegebedürftigkeitsbegriff wesentlich weiter<br />

gefasst als im SGB XI. Das SGB XII muss als letztes Netz der sozialen Sicherung hinsichtlich<br />

der existenziellen Pflege- und Unterstützungsbedarfe alle relevanten Verrichtungen<br />

berücksichtigen. Hier gilt der im Sozialhilferecht verankerte Individualisierungsgrundsatz<br />

(§ 9 SGB XII), der in besonderer Weise geeignet ist, die Grenzen eines konditionalprogrammierten<br />

Leistungsgesetzes wie dem SGB XI zu kompensieren. Der erweiterte<br />

Pflegebedürftigkeitsbegriff im SGB XII ist jedoch weithin unbekannt und wirkt nicht prägend<br />

auf das Verständnis von Pflegebedürftigkeit. Er entfaltet weder leistungsrechtlich<br />

(Rothgang u. a. 2008), noch im Leistungsgeschehen, noch im Bewusstsein der Bevölkerung<br />

seine Wirkung. Schließlich wurde die Pflegeversicherung auch eingeführt, um die<br />

Sozialhilfehaushalte der Kommunen zu entlasten und Sozialhilfebedürftigkeit für „Pflegefälle“<br />

zu vermeiden. So kommen die unter dem Gesichtspunkt individueller Existenzsicherung<br />

zum Teil notwendigen weitergehenden Hilfen auf „Sozialhilfeniveau“ nicht ins Bewusstsein<br />

und werden ausgeblendet. Pflegebedürftigkeit ist damit ganz wesentlich das,<br />

was die Pflegeversicherung als solche anerkennt.<br />

Das Gleiche gilt für die Ansprüche auf „Pflege“ im Unfallversicherungsrecht (§ 44 SGB<br />

VII). Hier sind von der Unfallversicherung gegebenenfalls alle notwendigen pflegerischen<br />

Leistungen zu erbringen – ohne Begrenzung auf bestimmte Verrichtungen und ohne Begrenzung<br />

hinsichtlich der erforderlichen Leistungen und der Höhe ihrer Kosten. Hier werden<br />

Pflegeleistungen in der Logik des Schadensersatzes für die geschädigte Person gewährt.<br />

Entsprechend kann es hier keine Begrenzung auf „Teilkasko-Leistungen“ geben. In<br />

der Unfallversicherung erhalten Menschen mit einem Pflegebedarf, der etwa auf einem<br />

Berufsunfall beruht, alle notwendigen Pflegeleistungen, im Übrigen auch ohne Unterscheidung<br />

nach Grund- und Behandlungspflege.<br />

10.1.3 Pflegebedürftigkeit aus verschiedenen wissenschaftlichen<br />

Perspektiven<br />

Die wissenschaftlichen Perspektiven auf Pflege und Pflegebedarfe sind keineswegs deckungsgleich<br />

mit den sozialrechtlichen Pflegebedürftigkeitsbegriffen. Aus pflegewissenschaftlicher<br />

Perspektive wird Pflegebedarf als Abhängigkeit von personaler Hilfe verstanden,<br />

die durch ein Missverhältnis zwischen gesundheitsbedingten Einbußen, Belastungen<br />

und Anforderungen einerseits und den individuellen Ressourcen zu ihrer Bewältigung<br />

andererseits entsteht (Wingenfeld, Büscher und Gansweid 2008). Dabei geht es nicht nur<br />

9 BSG, Urteil vom 2<strong>6.</strong>8.2008 - B 8/ 9b SO 18/ 07 R.<br />

350

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!