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6. Altenbericht

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der pflegebedürftigen Person deutlicher zutage und ihre Befindlichkeiten werden besser<br />

beachtet. In gestörten, problembehafteten Interaktionen treten dagegen interpersonale<br />

Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person in den Hintergrund, ihre persönlichen Eigenarten<br />

werden vernachlässigt und sie wird tendenziell anonymisiert (Remmers, Renneke und<br />

Andrees 2009).<br />

Auch wenn die Probleme der professionellen Kommunikation mit älteren pflegebedürftigen<br />

Menschen immer wieder thematisiert worden sind, finden sprachliche Handlungen in<br />

der konkreten Ausgestaltung der Versorgungspraxis zu wenig Berücksichtigung. Bislang<br />

werden sprachlich-kommunikative Fähigkeiten in der Ausbildung des Pflegepersonals zu<br />

wenig systematisch vermittelt. Sprachliches Handeln wird immer noch häufig als intuitive,<br />

bei Bedarf automatisch abrufbare Fähigkeit vorausgesetzt. In der Pflegepraxis und in der<br />

Pflegetheorie wird die Kommunikation erst seit wenigen Jahren als ein zentraler Faktor<br />

wahrgenommen. Solange die Relevanz sprachlich-pflegerischer Handlungen durch Politik<br />

und Gesellschaft nicht anerkannt werden, wird sich allerdings in der Praxis nichts Grundlegendes<br />

ändern.<br />

Bedeutsame Impulse kann hierbei die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger<br />

Menschen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)<br />

2009) geben. In dieser ist unter anderem das Recht auf Wertschätzung sowie auf Information<br />

und Aufklärung formuliert. Hilfe- und Pflegebedürftige „können erwarten, dass bestimmte<br />

Bedürfnisse und Erfordernisse bei der Kommunikation, wie beispielsweise langsames<br />

und deutliches Sprechen oder das Gestikulieren, berücksichtigt werden.“ (Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 2009: 16). Zudem<br />

soll mit ihnen „offen, verständlich und einfühlsam über pflegerische und medizinische Diagnosen<br />

und Maßnahmen, mögliche Risiken und Alternativen gesprochen werden“ (Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMSFSJ) 2009: 15). Keine<br />

Person darf sich gegenüber Hilfe- und Pflegebedürftigen missachtend, bedrohend oder<br />

erniedrigend verhalten. Dazu zählt der Charta zufolge auch, dass die pflegebedürftigen<br />

Personen stets mit ihrem Namen angesprochen werden. Die Beachtung des Willens und<br />

eine entsprechende Ausrichtung des Handels der beteiligten Personen werden auch dann<br />

gefordert, wenn sich die Hilfe- und Pflegebedürftigen nicht artikulieren und ihren Willen<br />

nur durch ihr Verhalten zum Ausdruck bringen können. Mit diesen konkreten Benennungen<br />

von diskriminierenden Kommunikations- und Handlungsstrukturen kann die Charta zu<br />

einer Reflexion der Umgangsformen bei allen Beteiligten beitragen. Außerdem kann sie<br />

Anstöße für eine Reflexion der Altersbilder geben, die der Pflegepraxis zugrunde liegen.<br />

Die Tatsache, dass zivilisatorische und rechtliche Selbstverständlichkeiten in einer Charta<br />

formuliert wurden, macht deutlich, welche diskriminierenden Verhaltensweisen und Al-<br />

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