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6. Altenbericht

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wurde in verschiedenen Studien untersucht, die zum Teil widersprüchliche Befunde liefern:<br />

• Reiter-Theil und Albisser Schleger (2007) zeigen anhand von drei empirischen Studien<br />

(1) zur präklinischen Notfall- und Rettungsmedizin, (2) zur Therapiebegrenzung<br />

am Lebensende sowie (3) zur Rationierung am Krankenbett, inwieweit dem<br />

Alter des Patienten oder der Patientin eine Bedeutung für Therapieentscheidungen<br />

und für die Mittelallokation zukommt. Danach wird (1) das Alter als ein – mit den Erfolgsaussichten<br />

verbundenes – relatives Kriterium für die Länge und Dauer einer<br />

Reanimation herangezogen. (2) Auch Therapieentscheidungen am Lebensende erfolgen<br />

in Abhängigkeit vom kalendarischen Lebensalter. Nur ein Viertel der befragten<br />

Ärzte, Ärztinnen und Pflegekräfte gab an, dass diese Entscheidungen nicht primär<br />

oder gar nicht vom Faktor Alter beeinflusst werden. Mehrfach wird das Vorliegen<br />

einer demenziellen Erkrankung als Grund für Therapiebegrenzungen genannt.<br />

(3) Die Vorenthaltung sinnvoller diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen<br />

auf Grund individueller Entscheidung wurde von Medizinern und Medizinerinnen in<br />

vier europäischen Ländern (Schweiz, Norwegen, UK und Italien) befürwortet, wobei<br />

70 Prozent einer Altersrationierung (über 85 Jahre) zustimmten. Diese Ergebnisse<br />

verdeutlichen die größere Vulnerabilität älterer Patienten und Patientinnen, zumal<br />

„Alter“ deutlich häufig spontan als ein Einflussfaktor bei Therapieentscheidungsprozessen<br />

genannt wird als „Kosten“.<br />

• In der gesundheitlichen Versorgungspraxis kommt es bereits jetzt vielfach zu einer<br />

verdeckten Altersrationierung. So weisen Interviews mit Ärzten und Ärztinnen auf<br />

implizite Rationierungen insbesondere in der Pflege, in der Intensivmedizin, bei operativen<br />

Eingriffen (z. B. bei der endoprothetischen Versorgung), im Rehabilitationsbereich<br />

als Kriterium bei der Beurteilung von Verbesserungswahrscheinlichkeit,<br />

bei der Frührehabilitation nach herzchirurgischen Eingriffen sowie bei Arzneimitteln<br />

hin. Ältere Patienten und Patientinnen sind bei einer an der Maximierung des medizinischen<br />

Nutzens ausgerichteten Selektion im Nachteil (Schultheiss 2004).<br />

• Studien zur Ethik-Beratung im Krankenhaus zufolge wird zwar seitens der Ärzte<br />

und Ärztinnen das Alter nicht als valides Kriterium gesehen; das Alter spielt in der<br />

ethischen Urteilsbildung des ärztlichen Personals auf Intensivstationen bei der Ablehnung<br />

von Behandlungen im Sinne eines diskriminierenden Entscheidungskriteriums<br />

keine Rolle (Reiter-Theil und Lenz 1999). Allerdings ist bei einer schlechter Diagnose<br />

und einer niedrigen erwarteten Lebenserwartung „eine Indikation für die<br />

Begrenzung von Rettungsmaßnahmen gegeben“ (Illhardt 2007: 180). In einer Stu-<br />

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