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6. Altenbericht

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fähigkeit des Sozialstaates kompensieren soll (Kricheldorff, Köster und Kolland 2002). Die<br />

Anrufung und die Betonung der Potenziale des Alters sind keineswegs immer unschuldig,<br />

sondern eng mit dem Diskurs um die notwendige Weiterentwicklung des Sozialstaates<br />

verwoben. Der Erhalt und die Entfaltung von Kompetenzen werden dabei dem gesellschaftlichen<br />

Interesse an ihrer Nutzung untergeordnet. In dieser Perspektive ist vor allem<br />

ein solches Engagement älterer Menschen gefragt, das das Gemeinwesen entlastet. Angesichts<br />

der Engpässe in der Finanzierung sozialer Leistungen ruhen auf dem bürgerschaftlichen<br />

Engagement älterer Menschen große Hoffnung von Sozialpolitikern und Sozialpolitikerinnen<br />

(Aner 2008b).<br />

Eine solche Nutzenorientierung in der Diskussion um bürgerschaftliches Engagement<br />

steht im Widerspruch zu einem differenzierten Altersbild und dem zunehmenden Selbstbewusstsein<br />

älterer Menschen, die ihr Leben selbstbestimmt gestalten und damit auch (in<br />

der Dialektik einer vita activa und einer vita contemplativa) Beiträge zum Zusammenhalt<br />

der Gesellschaft leisten. Die Potenziale und die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements<br />

für Vergemeinschaftung und für individuelle soziale Gestaltungsmöglichkeiten<br />

bestehen gerade nicht im Rahmen des gesellschaftlichen Nutzens beziehungsweise der<br />

Nützlichkeit, sondern jenseits davon.<br />

Neue gesellschaftliche Realitäten, wie der demografische Wandel und die Krise des Sozialstaats,<br />

generieren ein „aktivgesellschaftliches Anforderungsprofil an das Alter“ (Lessenich<br />

2005) und tragen zur Favorisierung des Bildes vom rüstigen leistungsfähigen älteren<br />

Menschen bei. Bedeutungszuschreibungen des Alters sind insoweit stark kontextabhängig<br />

und wandeln sich durch den programmatischen Wechsel hin zum aktivierenden Staat.<br />

„Active ageing“ avanciert zum Schlüsselbegriff auch der europäischen Beschäftigungspolitik.<br />

Damit gehen eine Deinstituionalisierung der Phase des „Ruhestandes“ und eine Vielzahl<br />

alterspolitischer Aktivierungsprogramme einher. Der ältere Mensch mutiert vom Kosten-<br />

zum Produktionsfaktor.<br />

Die Suche nach „neuen Rollenmodellen eines aktiven, individuell gelingenden Alters“<br />

(Lessenich 2005: 2) findet sektorenübergreifend statt. Dabei sollte Politik stets offen sein<br />

für die Inspirationen durch die Zivilgesellschaft und sie nicht vordergründig pragmatisch<br />

zweckrational in Verwendungszusammenhänge einbinden, bei aller Notwendigkeit der<br />

Neuvergesellschaftung öffentlicher Aufgaben. Es besteht anderenfalls die Gefahr, dass<br />

der Zivilgesellschaft eine fiskalisch-ökonomische Logik übergestülpt wird. Im Sinne einer<br />

auf offene und reflexive Alters- und Generationenbilder ausgerichteten Generationenpolitik<br />

sind Rahmenbedingungen für generationenoffene Experimentierfelder im bürgerschaftlichen<br />

Engagement, etwa in Freiwilligendiensten aller Generationen, vor allem aber in der<br />

kommunalen Engagementförderung zu schaffen. Diese Rahmenbedingungen müssen so<br />

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