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6. Altenbericht

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schiedene Öffnung aus. Altersbilder sind geradezu auf Weltoffenheit angelegt, indem sie<br />

sich enorm ausdifferenzieren und damit individuelle Handlungsmöglichkeiten vervielfältigen.<br />

Es entwickeln sich individualisierte Formen des Alterns und entsprechend differenzierte<br />

Bewertungen des Alters.<br />

Das soziokulturelle Strukturmerkmal gegenwärtiger westlicher Gesellschaften ist ihre fortgeschrittene<br />

Binnengliederung. Sie zerfallen in eine Vielzahl von Gruppen, Organisationen,<br />

Teilkulturen und Systemen mit sehr unterschiedlichen Anforderungen, Perspektiven,<br />

Leistungsprofilen und Handlungslogiken auch im Hinblick auf das Alter. Die äußere Vielfalt<br />

von Altersbildern, wie sie sich im Vergleich der Kulturen der Welt zeigt, ist in der globalisierten<br />

Welt zur Wirklichkeit innerkultureller Vielfalt jeder einzelnen Gesellschaft geworden.<br />

Vom Altersbild einer Gesellschaft kann deshalb auch aus ihrer Binnenperspektive<br />

nur mehr im sozusagen postmodernen Plural kultureller, lebensweltlicher, gruppenspezifischer<br />

Variabilität und Diversität gesprochen werden (von Kondratowitz 2007), was allerdings<br />

Unvereinbarkeiten, Konkurrenzen und Konflikte, womöglich den partiellen „Clash<br />

der Kulturen“ einschließt, und was ebenfalls nicht heißt, dass es nicht auch übergreifende<br />

Muster gäbe, ganz abgesehen von vorherrschenden und hegemonialen Altersbildern.<br />

Im Europa der Kulturen ist jede Gesellschaft vor die Aufgabe gestellt, ein multikulturelles<br />

Selbstverständnis und passgerechte Praxisformen zu entwickeln. In Deutschland hat die<br />

Nachkriegssituation von Flucht und Vertreibung entscheidenden Einfluss auf diese Entwicklung<br />

gehabt. Die Konflikte, die daraus resultierten, haben hohe Anforderungen an die<br />

Neujustierung von regionalen Identitäten gestellt und beachtliche Integrationsleistungen<br />

hervorgebracht. Zur Zu- und Einwanderungsgesellschaft wurde die Bundesrepublik de<br />

facto seit Anwerbung der so genannten Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen sowie mit der<br />

Öffnung des (west-)europäischen Binnenmarktes und schließlich durch den Zuzug von<br />

osteuropäischen Spätaussiedlern und Spätaussiedlerinnen nach 1989. Auch in Fragen<br />

des Alters haben sich daraus erhebliche Veränderungen ergeben, und das betrifft nicht<br />

allein Renten- und Versorgungsansprüche, sondern auch kulturelle Differenzen im Erleben<br />

und Handeln von älteren Menschen.<br />

Alters- und Alternsprobleme von Menschen mit Migrationshintergrund werden ethnogerontologisch<br />

oft mit der „Double-Jeopardy-These“ gekennzeichnet. Ihr zufolge ist diese<br />

Bevölkerungsgruppe doppelter Gefährdung beziehungsweise kumulativer Diskriminierung<br />

ausgesetzt: einerseits ethnischen, andererseits altersbezogenen Exklusionen (Dowd und<br />

Bengston 1978). Diese Benachteiligung weitet sich zur drei- und vierfachen aus, wenn<br />

Alternsunterschiede zwischen Frauen und Männern sowie zwischen verschiedenen sozialen<br />

Schichten mitbedacht werden. Aufgrund der genannten Aspekte kann geradezu von<br />

einem „grey triangle of structural agism“ gesprochen werden: In der schwierigsten Alters-<br />

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