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6. Altenbericht

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allgemeinern sie und richten in allen Situationen des Pflegealltags ihr Handeln daran aus.<br />

Dadurch unterstützen sie unselbstständige Verhaltensweisen der älteren Menschen, während<br />

selbstständige Verhaltensweisen ignoriert werden. Dieses Verhalten der Pflegekräfte<br />

führt dazu, dass sich unterstützungsbedürftige Menschen weniger selbstständig und zunehmend<br />

abhängig verhielten, obwohl sie bei geeigneter Förderung bestimmte Verrichtungen<br />

auch selbst hätten leisten können. Das Verhalten des Pflegepersonals führte also<br />

bei den älteren Menschen zu einem Verlust von Autonomie und zu einer Zunahme von<br />

Hilfebedürftigkeit (Baltes und Wahl 1992).<br />

(d) Die Wirkungen individueller Altersbilder. Grundsätzlich ist unstrittig, dass Altersstereotype<br />

auf subtile Weise wirken können, das heißt sie entfalten eine Wirkung, ohne dass<br />

den älteren Personen diese Altersstereotype bewusst werden. Experimentelle Studien,<br />

die dies untersuchten, verwendeten die Priming-Technik, bei der auf dem Computerbildschirm<br />

für nur wenige Millisekunden bestimmte Begriffe eingeblendet werden (siehe<br />

Übersicht 2.2). Es zeigte sich, dass Personen, denen auf diese subtile Weise negative<br />

Assoziationen mit dem Alter nahegelegt wurden, sich in ihren Gedächtnisleistungen, ihrer<br />

Handschrift, ihrer Gehgeschwindigkeit und ihren physiologischen Stressreaktionen von<br />

jenen unterschieden, denen positive Altersbilder impliziert wurden. Diese Wirkung von<br />

positiven und negativen Assoziationen mit dem Alter konnte in allen Studien dieser Art<br />

nachgewiesen werden (Hausdorff, Levy und Wei 1999; Levy 1996; Levy u. a. 2000).<br />

Die Vorstellungen vom eigenen Älterwerden und Altsein (Alters-Selbstbilder) können erhebliche<br />

Konsequenzen haben. Es ist gut belegt, dass Menschen mit einem positiveren<br />

Blick auf das eigene Älterwerden bessere Gedächtnisleistungen zeigen (Levy 1996), gesünder<br />

und aktiver älter werden (Levy 2003; Wurm, Tesch-Römer und Tomasik 2007),<br />

sich nach schwerwiegenden Erkrankungen schneller erholen (Levy u. a. 2006) und länger<br />

leben (Levy u. a. 2002b) als Menschen, die eine negative Auffassung vom eigenen Älterwerden<br />

haben. Die Ergebnisse mehrerer Studien legen die Annahme nahe, dass ältere<br />

Menschen dazu neigen, Krankheitssymptome und körperliche Einschränkungen nicht auf<br />

behandelbare Krankheiten zurückzuführen, sondern auf ihr Alter. Zugleich zeigen diese<br />

Studien, dass Personen, die gesundheitliche Probleme eher ihrem Alter zuschreiben, seltener<br />

zum Arzt gehen, ein ungünstigeres Gesundheitsverhalten haben und früher sterben<br />

(Goodwin, Black und Satish 1999; Leventhal und Prohaska 1986; Sarkisian 2002 u. a.).<br />

Zusammen liefern diese Befunde erhebliche Evidenz für die Annahme, dass die Sicht auf<br />

das eigene Älterwerden langfristige Folgen entfalten kann.<br />

Die genaue Art und Weise, in der individuelle Altersbilder Konsequenzen für das eigene<br />

Älterwerden entfalten können, ist noch weitgehend ungeklärt. Experimentelle Untersuchungen<br />

deuten auf physiologischen Stress hin, der im Fall von negativen Altersstereoty-<br />

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