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Kinderund

1811050

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Drucksache 18/11050 – 102 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Alter von unter 18 Jahren. Und weniger weitgehend als in der WRV ist hinsichtlich ‚Jugend’ lediglich in Art. 5<br />

Abs. 2 GG von ‚den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend’ die Rede, während es in der (nicht<br />

mehr bestehenden) Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) von 1968 neben Regelungen<br />

betreffend Kinder in Art. 20 Abs. 3 Satz 1 hieß: ‚Die Jugend wird in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen<br />

Entwicklung besonders gefördert’“ (Wabnitz 2017, S. 11).<br />

Letztlich wird das Jugendalter somit nur selten in den Rechtsbereichen als eine maßgebliche soziale Struktur der<br />

generationalen Ordnung bestimmt. Eine eindeutige Bestimmung findet sich nur im SGB VIII – dem <strong>Kinderund</strong><br />

Jugendhilfegesetz. „Durchgängig in das Kinder- und Jugendhilferecht eingeführt worden ist der Begriff<br />

‚Jugend(liche/r)’ (neben dem Begriff ‚Kind’ für die Altersgruppe der unter 14-Jährigen) jedoch erst durch das<br />

KJHG/SGB VIII von 1990/1991 […], und zwar mit Blick auf die Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen, wobei<br />

des Weiteren die Begriffe ‚junger Volljähriger’ für die 18- bis unter 27-Jährigen und ‚junger Mensch’ für alle<br />

unter 27-Jährigen Eingang in das SGB VIII gefunden haben (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGB VIII). Ebenso werden<br />

im Jugendschutzgesetz (JuSchG) „die Begriffe Kind und Jugendliche(r) explizit für die unter 14-jährigen bzw.<br />

diejenigen Personen verwendet, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind“ (ebd.); dagegen wird im Jugendarbeitsschutzgesetz<br />

als „‚Kind’ im Sinne dieses Gesetzes“ angesehen, „wer noch nicht 15 Jahre, ‚Jugendlicher’,<br />

wer 15, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Im Strafrecht (§ 10, 19 StGB) und Jugendstrafrecht (§ 1 Abs. 2 JGG)<br />

wird der Begriff ‚Jugendliche(r)’ in derselben Weise wie im SGB VIII und im JuSchG verwendet, jedoch wird<br />

dort zusätzlich für die Altersgruppe der 18- bis unter 21-Jährigen der Begriff ‚Heranwachsender’ eingeführt“<br />

(Wabnitz 2017, S. 12).<br />

Schließlich ist noch auf die Regelungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende im SGB II zu verweisen, wonach<br />

Arbeitssuchende „bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in der Regel ‚Bedarfsgemeinschaften’ mit ihren<br />

Eltern zugeordnet werden – mit deshalb geringeren Regelbedarfen beim Arbeitslosengeld II bzw. beim Sozialgeld“<br />

(Wabnitz 2017, S. 26). So zeichnet sich auch in den Sozialgesetzbüchern keine einheitliche Verwendung<br />

des Begriffes Jugendliche, Jugendlicher oder Jugend ab, denn auch im Sozialrecht (außer SGB VIII) wird<br />

von Kindern gesprochen und Jugendliche werden gleichsam einbezogen (vgl. ebd., S. 7)<br />

Betrachtet man zudem die rechtlichen Kodifizierungen des Jugendalters nicht nur aus der Perspektive, ob und<br />

wie das Jugendalter abgegrenzt oder gefasst wird, sondern wie die Qualifizierung und Verselbstständigung junger<br />

Menschen von der Kindheit ins Erwachsenenalter rechtlich reguliert wird, dann rücken weiterhin einerseits<br />

die Regulationen im Bildungswesen sowie wiederum die Beteiligungsrechte in den Vordergrund. So findet sich<br />

eine differenzierte Verantwortungsverteilung für die Qualifikation junger Menschen zwischen öffentlicher und<br />

privater Sphäre in den jeweiligen Landesgesetzen, die z. B. für die Bildungsinfrastruktur zuständig sind, sowie<br />

in den Bestimmungen zur Berufsbildung und Ausbildungsförderung (z. B. BAFÖG). Diese Verantwortungsverteilung<br />

ist immer wieder Gegenstand öffentlicher und politischer Auseinandersetzungen – wie z. B. in der Debatte<br />

um die Studiengebühren oder um die Arbeitsförderung für unter 25-Jährige. Auffällig ist aber, dass diese<br />

Diskussionen bisher nicht aus einer jugendpolitischen Perspektive geführt werden, sondern Argumentationen<br />

zum fiskalischen Lastenausgleich zwischen öffentlicher und privater Verantwortung sowie das zukünftige Bildungsmanagement<br />

im Vordergrund stehen. Es wird hier auf die Entgrenzung des Jugendalters, die Verschulung<br />

der Qualifizierungswege und die größere Bildungsbeteiligung von Jugendlichen in erster Linie fiskalpolitisch<br />

reagiert. Die Verselbstständigung und Qualifizierung junger Menschen steht dabei auch hinsichtlich der rechtlichen<br />

Kodifizierung im Kontext einer Flexibilisierung und Liberalisierung in der (Aus)-Bildungsinfrastruktur<br />

und Arbeitsförderung (vgl. Bellmann/Weiß 2009).<br />

In Bezug auf die Beteiligungsrechte und das Wahlrecht wird in unterschiedlichen institutionellen Sphären des<br />

Jugendalters eine deutliche Zäsur mit dem Volljährigkeitsalter gesetzt. Diese Form der gleichberechtigten Beteiligung<br />

mit dem 18. Lebensjahr wird aber in unterschiedlichen Schritten, z. B. kommunales oder Landtagswahlrecht<br />

mit 16 Jahren in einigen Bundesländern oder Religionsfreiheit, vorbereitet oder bis zum 18. Lebensjahr an<br />

der Persönlichkeitsentwicklung des jungen Menschen orientiert. So haben Kinder und Jugendliche nach der<br />

UN-KRK ein „Recht auf Beteiligung und Berücksichtigung als auch das Anhörungsrecht“, was aber „nicht ohne<br />

Einschränkungen gewährleistet“ wird: „Das Recht zur freien Meinungsäußerung wird“ in der UN-KRK „von<br />

der Fähigkeit abhängig gemacht, sich eine Meinung überhaupt zu bilden (Art. 12 Abs. 1 KRK). In welcher Weise<br />

und welchem Ausmaß die Meinung des Kindes berücksichtigt wird, ist an den unbestimmten Begriff der<br />

‚Reife’ gekoppelt. Dem Recht auf Gehör kann auch dadurch Genüge getan werden, dass man einen gesetzlichen<br />

Vertreter oder sonstigen Beistand anhört (Art. 12 Abs. 2 KRK)“ (Wapler 2017, S. 32).

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