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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 288 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

4.2.4 Blogging und Vlogging<br />

Im Unterschied zu den bisher aufgeführten jugendkulturellen Praktiken stehen bei den Weblogs vor allem die<br />

Darstellung der Person, ihr Wissen und ihre eigene Meinung im Vordergrund – damit eröffnen Blogs attraktive<br />

Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit der Kernherausforderung der Selbstpositionierung. Geprägt wurde<br />

der Begriff Weblog Ende der 1990er als Kombination von „Web“ und „Logbuch“, womit sich der Charakter der<br />

ersten Generation von Blogs kennzeichnen lässt. Es handelt sich um Websites oder Teile von Websites, über die<br />

Inhalte – zunächst in Textform und in umgekehrt chronologischer Reihenfolge – präsentiert und durch Verweise<br />

und Kommentierungen untereinander sowie mit anderen Online-Quellen verknüpft werden. Im Unterschied zu<br />

Sozialen Netzwerken und Fansites stellt ein Blog also keinen virtuellen Treffpunkt dar, sondern wird von einer<br />

Person produziert, die sich und ihre Erfahrungen und Meinungen darstellt und darüber einen Anlass zur Kommunikation<br />

bietet. Die thematische Bandbreite von Weblogs reicht von alltäglich-persönlichen Darstellungen<br />

bis hin zu literarisch-kolumnenartigen oder fachspezifischen Weblogs. In einer Genre-Analyse unterscheiden<br />

Herring u. a. (2004) Filterblogs, Tagebuch-Blogs, Wissensblogs, gemischte Blogs sowie eine Restkategorie –<br />

und identifizieren 70 Prozent des Samples als Tagebuch-Blogs.<br />

Blogs können als „stand-alone“ Angebote mit Hilfe vorgefertigter Skripte erstellt oder von Dienstleistern gratis<br />

gehostet werden (z. B. auch unter Einblendung von Werbung), teils sind sie auch Bestandteil einer bereits bestehenden<br />

Website. Eine besondere Art von Blogs stellen sogenannte „Microblogs“ dar. Es handelt sich um<br />

Plattformen, auf denen die Länge der Beiträge auf 140 Zeichen beschränkt wird. Diese Nachrichtenzeilen können<br />

beispielsweise Beobachtungen und Überlegungen zu diversen Themen enthalten, ebenso wie Links und<br />

Hinweise auf Websites oder Fotos. Im Kontext der Microblogs wurde der hashtag bzw. das Rautezeichen „#“<br />

eingeführt, über das – in Kombination mit einem Begriff – nach Nachrichten zu spezifischen Themen oder auch<br />

Verbündeten gesucht und sich vielseitig vernetzt werden kann.<br />

An Weblogs oder Microblogs wurden von Beginn an große Hoffnungen geknüpft, da jede und jeder „vom Empfänger<br />

zum Sender“ werden kann – wie der Dramatiker und Lyriker Bertold Brecht es einst für das Radio formuliert<br />

hat. Aufgrund der geringen Kosten, der Einfachheit der Bedienung via Webbrowser und Vernetzungsmöglichkeiten<br />

via RSS und Trackback, ist es prinzipiell möglich, schnell zu reagieren und – anders als in anderen<br />

Webformaten – auch ausdrücklich erlaubt und erwünscht, subjektiv und emotional zu argumentieren<br />

(Schönberger 2005). Heute wird nicht mehr nur textbasiert, sondern auch unter Einbindung von Fotos und Filmen<br />

oder per Video gebloggt (Vlogs) – aktuell werden diese verschiedenen Optionen von teils unterschiedlichen<br />

Zielgruppen genutzt. Gemeinsam ist allen Bloggern und Bloggerinnen, dass sie ihre Blogs vor allem für<br />

die Selbstdarstellung vor einer öffentlichen und unbestimmten Masse nutzen und den Dialog mit ihren Rezipienten<br />

und Rezipientinnen suchen.<br />

4.2.4.1 Weblogs<br />

Das Phänomen der Blogs hat mit seinem Aufkommen in den 1990-er Jahren eine sehr schnelle Verbreitung<br />

gefunden. Wenngleich sich über den Anteil Jugendlicher an der Blogszene keine verbindliche Aussage treffen<br />

lässt, finden sich aber sowohl in nationalen als auch internationalen Studien Hinweise darauf, dass die Mehrheit<br />

der Blogger und Bloggerinnen zwischen 20 und 30 Jahre alt und weiblich ist, es sich um ehemalige Gymnasiastinnen<br />

handelt, die die Weblogs als eine Art „Tagebuch“ betreiben, in dem sie sich selbst reflektieren (Reichmayr<br />

2005; Schmidt 2006, 2008). Laut der JIM-Studie 2014 befinden sich unter den Zwölf- bis 19-jährigen<br />

sieben Prozent, die Weblogs täglich/mehrmals pro Woche nutzen (Medienpädagogischer Forschungsverbund<br />

Südwest 2014, S. 29) bzw. drei Prozent haben in den letzten 14 Tagen Beiträge oder aber Tweets verfasst,<br />

kommentiert oder weitergeleitet (ebd., S. 30). In der Shell-Studie (2015, S. 140) geben deutlich mehr Jugendliche<br />

an, dass sie an einem Blog schreiben (19 %). Bemerkenswert ist, dass hier vor allem „nicht-deutsche Jugendliche“<br />

häufiger einen Blog betreiben als „deutsche Jugendliche“ – was damit erklärt wird, dass es mittels<br />

Blogs ohne viel Aufwand möglich ist, Menschen in der Ferne an dem eigenen Leben teilhaben zu lassen (ebd.,<br />

S. 146).<br />

Die Ergebnisse, die im Folgenden dargestellt werden, beziehen sich zum Teil auf die Homepage-Forschung, da<br />

hier mehr Ergebnisse für Jugendliche vorliegen. Da die Homepage die technischen Vorläufer von Blogs sind<br />

und sich die Angebote z. B. dahin gehend ähneln, dass sie in erster Linie der Selbstdarstellung dienen, aber

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