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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 419 – Drucksache 18/11050<br />

6.6.4 Politische Interessenvertretung von Jugendlichen<br />

Die Rolle von Kinder- und Jugendarbeit bei der politischen Interessenvertretung von Kindern, Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen bzw. – was nicht ganz das Gleiche ist – als Mandantin ihrer Adressatinnen und Adressaten<br />

wird – wenn auch mit deutlich unterschiedlichen Akzentsetzungen – immer wieder diskutiert. Aktuell gewinnt<br />

diese Auseinandersetzung erneut Relevanz vor dem Hintergrund der jugendpolitischen Forderungen nach einer<br />

verstärkten Beteiligung und Partizipation von jungen Menschen an politischen Prozessen (vgl. Abs. 1.3.4.2).<br />

Die Debatte um Beteiligung ist deshalb auch eine Debatte darum, dass es Orte und Strukturen braucht, an denen<br />

die Interessen von Jugendlichen gebündelt, die Belange Jugendlicher gegenüber Politik und Gesellschaft vertreten<br />

und Durchsetzungsstrategien dafür entwickelt werden. Betont werden muss dabei auch, dass alles politische<br />

und fachliche Engagement für die Beteiligung junger Menschen auf reine Symbolik reduziert würde, wenn damit<br />

nicht die politisch wirksame Vertretung der Interessen junger Menschen verbunden wäre.<br />

Für die Interessenvertretung wird der Kinder- und Jugendarbeit in ihren vielfältigen Angebotsformen (traditionell)<br />

eine besondere Rolle zugeschrieben. Von ihr wird erwartet, dass sie die Vertretung der Interessen junger<br />

Menschen als originäre Aufgabe wahrnimmt und zugleich definiert sie dies als Erwartung und Anspruch an sich<br />

selbst. Die Erwartung findet ihren Ausdruck nicht nur in den gesetzlichen Regelungen (§ 12 Abs. 2. SGB VIII:<br />

„Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum<br />

Ausdruck gebracht und vertreten.“; § 11 Abs. 2 SGB VIII: „Sie [Angebote der Jugendarbeit] sollen [...] zur<br />

Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen<br />

und hinführen.“), sondern auch in einer Reihe von Selbst- und Funktionsbeschreibungen der Kinder- und Jugendarbeit<br />

(vgl. z. B. Hessischer Jugendring 1998; Deutscher Bundesjugendring 2011).<br />

In der Praxis der Kinder- und Jugendarbeit gibt es vielfältige Verfahren, Strukturen und Formate der politischen<br />

Interessenvertretung junger Menschen. Versucht man diese auf einer etwas allgemeineren Ebene zu sortieren,<br />

lassen sich Folgende benennen:<br />

– Erstens alle Verfahren, Strukturen und Formate, die dazu dienen, dass junge Menschen sich innerhalb der<br />

Angebote der Kinder- und Jugendarbeit positionieren, engagieren und entsprechende Verantwortung übernehmen.<br />

Dabei ermöglichen Formen der Selbstorganisation und Mitgestaltung ein direktes Einbringen der<br />

Interessen durch Jugendliche selbst. Kinder- und Jugendarbeit bietet dabei die Rahmung, dass Jugendliche<br />

sich äußern und Einfluss nehmen können. Sichtbar ist dies unter anderem an den bis in die kleinsten Untergliederungen<br />

verankerten Formen der demokratischen Entscheidung, z. B. durch Wahl- und Delegationsverfahren,<br />

an strukturell verankerten Aushandlungsmöglichkeiten innerhalb der Verbände und Organisationen<br />

als auch in zahlreichen Projekten innerhalb der Verbände und Organisationen, die der Positionierung<br />

Jugendlicher gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen dienen.<br />

– Zweitens die Interessen in einem strukturierten Prozess zu organisieren und nach außen gegenüber Politik<br />

und Öffentlichkeit zu vertreten, oder auch über Zusammenschlüsse – wie in den Zusammenschlüssen der<br />

Jugendverbände deutlich wird – politische Entscheidungen zu beeinflussen.<br />

Hier gibt es zwei Varianten:<br />

(a) eine Vertretung über aus den Strukturen kommende Jugendliche und (junge) Erwachsene, die als<br />

Vertreterinnen und Vertreter des Feldes agieren,<br />

(b) eine Vertretung über Fachkräfte bzw. ehrenamtlich tätige Erwachsene, die auf der Basis des Vertrautseins<br />

mit den Anliegen der Jugendlichen gleichsam stellvertretend ihre Anliegen einbringen.<br />

Bei beiden Varianten hängt die Glaubwürdigkeit der Vertretung nach Außen wesentlich davon ab, dass die<br />

Positionen intern „geerdet“ sind.<br />

Für die Interessenvertretung haben sich vor Ort, in Abhängigkeit der regionalen Gegebenheiten und historischen<br />

Entwicklungen bezogen auf die Kinder- und Jugendarbeit, unterschiedliche Formen und Strukturen entwickelt.<br />

Diese reichen von Kinder- und Jugendparlamenten, Jugendringen bis zu den Aktivitäten und Projekten der verbandlichen<br />

und offenen Kinder- und Jugendarbeit:<br />

– Die offene Kinder- und Jugendarbeit hat nicht nur mit den autonomen Jugendzentren eine lange Tradition<br />

in der Interessenvertretung von Jugendlichen nach außen und der konsequenten Umsetzung demokratischer<br />

Strukturen in selbstverwalteten Einrichtungen, sondern viele Einrichtungen entwickeln mit und aus ihrer<br />

Besucherschaft heraus lokale, oft sozialräumlich bezogene Aktivitäten, die der Interessendurchsetzung dienen,<br />

wie z. B. Veränderungen der Einrichtung, Schaffung neuer Angebote im Stadtteil, Verhindern, dass

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