02.02.2017 Aufrufe

Kinderund

1811050

1811050

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 359 – Drucksache 18/11050<br />

und externen Partnern ist eine komplexe Aufgabe, die viele Schulen (zum Teil auch Partner) im Zuge des Ganztagsschulausbaus<br />

erst erlernen müssen. (…) Ressourcensicherheit ist dabei notwendiger Bestandteil für die qualitative<br />

Entwicklung von Kooperationen, damit langfristige Planungen möglich werden. Zusätzlich sind in einigen<br />

Bereichen auch rechtliche Weichenstellungen nötig“ (Arnoldt 2011, S. 328).<br />

Allerdings ist die Expansion der bloßen Einbindung von externen Akteuren wie der Kinder- und Jugendhilfe<br />

oder des Sports und der Kultur noch kein hinreichender Indikator für förderliche Bedingungen des Zusammenwirkens<br />

und erst recht kein Hinweis auf eine auch sozialpädagogisch inspirierte Schulentwicklung, die zumindest<br />

die Potenziale der Ganztagsschule erweitern und diese als Lern- und Lebensort mit entfalten könnten (vgl.<br />

Coelen/Stecher 2014). Mehr denn je stellen sich heutzutage in der Praxis grundsätzliche pädagogische Fragen,<br />

vor allem hinsichtlich einer konzeptionellen Einheit der Ganztagsschule im Jugendalter. So weist eine von der<br />

Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebene Studie zur Ganztagsentwicklung in Deutschland darauf hin, dass sich<br />

die realisierten Kooperationen „überwiegend zeitsparend punktuell und nach Bedarf“ ergeben, allerdings kaum<br />

im Sinne einer Ko-Produktion der Kinder und Jugendlichen, aber auch nicht der außerschulischen Akteure (Bertelsmann<br />

Stiftung 2012, S. 54).<br />

5.4.3 Kooperation zwischen Ganztagsschule und Jugendhilfe: Formate, Erfahrungen, Hindernisse<br />

Wie dargestellt, weist auch die StEG-Schulleitungsbefragung 2015 auf die bislang wenig ausgeprägte Kooperation<br />

zwischen Ganztagsschulen und der Kinder- und Jugendhilfe hin. Insbesondere zeigt sich, dass die Kooperation<br />

nach Schulform jeweils quantitativ wie qualitativ unterschiedlich ausgeprägt ist. Sieht man einmal von der<br />

besonderen Rolle des Sports ab, so trifft eine geringe Kooperation vor allem auf die nicht-gymnasialen Sekundarschulen<br />

zu. Für die Kinder- und Jugendhilfe ist dennoch kennzeichnend, dass sie im Unterschied zu anderen<br />

projektbezogenen Akteuren im Ganztag nicht allein als Partner für ein einzelnes Angebot, sondern z. T. auch<br />

mit einer generellen Verantwortung einbezogen wird.<br />

Der Grund hierfür könnte sein, dass Schule und Jugendhilfe in ihrer Zuständigkeit und ihrem Profil voneinander<br />

deutlich abgegrenzte Bereiche darstellen, die sich nicht nur historisch, sondern vor allem auch konzeptionell<br />

und von ihren Aufträgen her unterschiedlich herausgebildet haben (vgl. Maykus 2011 und bereits ausführlich<br />

Deutscher Bundestag 2005). Auch wenn beide für sich einen eigenen Bildungsauftrag reklamieren, wird die<br />

Kinder- und Jugendhilfe dennoch oftmals – auch von der Schule – als ein für kompensatorische Aufgaben zuständiger<br />

Akteur wahrgenommen, verbunden mit der Erwartung der Re-Integration junger Menschen, deren<br />

Sozialisationsverläufe als defizitär betrachtet werden.<br />

Allerdings ist es in diesen Fällen nicht angemessen, pauschal von „der“ Kinder- und Jugendhilfe zu sprechen, da<br />

sich die einzelnen Handlungsfelder – sowohl in ihren Formen als auch in ihren Handlungsmöglichkeiten und -<br />

mustern sowie in ihrer Bereitschaft und ihren Potenzialen, sich in die Ganztagsschule einzubringen – deutlich<br />

unterscheiden. Nichtsdestotrotz ist diese Lesart einer vor allem sozialarbeitsbezogenen Akzentuierung der Kinder-<br />

und Jugendhilfe im Kontext der Schule nicht selten. Ein solches Verständnis von Kinder- und Jugendhilfe<br />

bedeutet jedoch, sie deutlich in ihren Kompetenzen und Möglichkeiten zu reduzieren. Insbesondere im Kontext<br />

der Ganztagsschule bedarf es daher eines Blicks auf die – je nach Träger – sehr unterschiedlichen Handlungsansätze.<br />

Die Kooperation von Jugendhilfe und Schule wird gleichwohl oftmals mit zum Teil sehr weitreichenden pädagogischen<br />

und konzeptionellen Erwartungen verbunden: etwa der Gestaltung einer gemeinsamen Kultur des<br />

Aufwachsens oder dem Anspruch, Lebensräume „bildungsorientiert zu optimieren“, der Neujustierung des Verhältnisses<br />

unterschiedlicher Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsanbieter zueinander sowie eine neu ausbuchstabierte<br />

öffentliche Verantwortung des Aufwachsens. Im Blick war dabei immer schon, dass beide Bereiche<br />

unterschiedliche Aufgaben und Ansätze haben. In Auseinandersetzung mit den Befunden der PISA-Studie<br />

erfährt diese Kooperation jedoch eine weitergehende und eine zum Teil auch neue substanzielle bildungs- und<br />

sozialisationsbezogene Begründung (vgl. u. a. BMBF 2004). Allerdings entspricht dieser vor allem konzeptionell<br />

formulierten Verortung (noch) nicht die tatsächliche Entwicklung einer entsprechend verankerten Kooperationspraxis<br />

(vgl. Maykus 2011; als Überblick Henschel u. a. 2009; zur Kooperation von Schule und Jugendhilfe<br />

Hartnuß/Maykus 2004).<br />

Es ist aber auch nach weit mehr als zehn Jahren Ganztagsschulentwicklung noch nicht der Zeitpunkt gekommen,<br />

an dem – jedenfalls bundesweit betrachtet – von einer ausgereiften und selbstverständlichen Zusammenar-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!