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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 467 – Drucksache 18/11050<br />

fizierung (vgl. Abs. 2.2) oder bei der Einmündung in Ausbildung und Beruf (vgl. Abs. 2.3). Diese Benachteiligungen<br />

bedeuten für sie insbesondere auch geringere Chancen im Bildungs- und Ausbildungssystem. Zudem<br />

verbleiben sie häufiger und länger im Übergangssystem und brauchen daher oft auch mehr Zeit, um sich ökonomisch<br />

selbst versorgen zu können.<br />

Dies zeigt auch, dass die immer wieder öffentlich konstatierten sozialen Ungleichheiten und die sozialen Risikolagen<br />

weniger auf bestehende rechtliche Benachteiligungen zurückzuführen sind, als vielmehr auf Selektionsprozesse<br />

im institutionellen Gefüge des Aufwachsens – und hier vor allem an den Übergangsschwellen. Für<br />

Jugendliche und junge Erwachsene mit einer familiären Zuwanderungsgeschichte ergeben sich damit Zurückweisungen<br />

und biografische Brüche, die mit Zuschreibungen nationaler, ethnischer und kultureller Zugehörigkeiten<br />

einhergehen. Hier geraten Verselbstständigungsprozesse immer wieder ins Stocken mit erheblichen Folgen<br />

für die berufliche und soziale Zukunft.<br />

Darüber hinaus ist das Leben von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in den letzten Jahren in Deutschland<br />

Schutz vor Krieg, Gewalt und Verfolgung oder vor ökonomischer Ausweglosigkeit gesucht haben, grundsätzlich<br />

durch rechtliche und soziale Zukunftsunsicherheit gekennzeichnet. Die Zugehörigkeit zu unserer Gesellschaft<br />

bleibt für sie vielfach prekär, und ihre Teilhabechancen werden rechtlich immer wieder eingeschränkt<br />

und begrenzt (vgl. Abs. 7.4). Dies gilt für den Zugang zu Bildungsinstitutionen im Kontext von Qualifizierungsprozessen<br />

ebenso wie für Aspekte der Selbstpositionierung und der Verselbstständigung. Diesen jungen<br />

Menschen werden nur limitierte Handlungsspielräume der Ermöglichung von Jugend zugestanden, obwohl supranationale<br />

Rechte wie die UN-Kinderrechtskonvention eine soziale Gleichbehandlung begründen.<br />

Insgesamt wird die strukturelle Benachteiligung von jungen Menschen, die selbst oder deren Eltern bzw. Großeltern<br />

zugewandert sind, seit Jahren beklagt. Es fehlt aber – ungeachtet der in den letzten Jahren aufgelegten<br />

Programme – an strukturell abgesicherten Strategien gegen soziale Benachteiligungen. Kritisiert werden muss<br />

weiterhin der sich immer wieder andeutende, latente Rassismus im institutionellen Gefüge des Aufwachsens.<br />

Ansätze wie z. B. „Schule gegen Rassismus“ oder Programme zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der<br />

Fremdfeindlichkeit zeigen wichtige Erfolge, reichen aber nicht aus.<br />

Jugend als Möglichkeitsraum zur Bearbeitung von Kernherausforderungen und als sozialer Integrationsmodus<br />

wird – das zeigen die bestehenden Erfahrungen im Umgang mit Migration – weiterhin durch ethnische, nationale<br />

und kulturelle Zuschreibungen sozial selektiv strukturiert. Dies gilt es zu ändern, indem jungen Menschen,<br />

unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrer Migrationszugehörigkeit, das Recht<br />

zugestanden wird, Jugend sozial gerecht zu erfahren und sozial sowie politisch mitzugestalten. Dazu gehört eine<br />

entsprechende Bildungsförderung ebenso wie die Teilhabe an politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen,<br />

der unbeschränkte Zugang zu Bildungsinstitutionen und den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe<br />

sowie der sozialen Dienste des Jugendalters. Hierzu gehört auch, dass die Institutionen im Gefüge des Aufwachsens<br />

durch migrationssensible Öffnungen sowie Demokratiebildung gekennzeichnet sein müssen. Sie sind zudem<br />

gefordert, ihre diesbezüglichen Aufgaben auch wahrzunehmen und die Umsetzung zu prüfen, um sicherzustellen,<br />

dass keine weiteren Hemmnisse und Selektionsmechanismen entstehen.<br />

8.1.3 Das Jugendalter angesichts globaler und (medien-)technologischer Herausforderungen<br />

‣ Herausforderungen des Jugendalters in der globalisierten Gesellschaft<br />

Junge Menschen wachsen heute unter den Chancen, aber auch Unwägbarkeiten und Ungewissheiten<br />

einer globalisierten Gesellschaft auf. Zugleich erleben und erfahren sie die soziale Integration<br />

auch in der globalisierten Gesellschaft in ihren lokalen Bezügen und persönlichen Beziehungen,<br />

vielfach vermittelt durch das institutionelle Gefüge des Aufwachsens. Diese Orte prägen die Rahmungen<br />

des Aufwachsens und tragen dazu bei, dass Jugendliche schrittweise in die vielschichtigen<br />

Anforderungen und Potenziale überregionaler und globaler Herausforderungen hineinwachsen<br />

können. Dementsprechend müssen sie sich darauf verlassen können, dass ihnen das Gemeinwesen<br />

und die Institutionen vor Ort soziale und demokratische Räume eröffnen, die die Prozesse der<br />

Qualifizierung, Selbstpositionierung und Verselbstständigung in der globalisierten Gesellschaft<br />

ermöglichen.<br />

Viele junge Menschen erfahren heute grenzüberschreitende Mobilität und transnationale Wirklichkeiten in vielfältigen<br />

Gelegenheiten. So gehört eine grenzüberschreitende Mobilität – organisiert etwa durch die Bildungsin-

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