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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 233 – Drucksache 18/11050<br />

So kohärent sich diese Befunde zum Bild einer grundsätzlich demokratieaffinen, aber institutionenkritischen<br />

Jugend fügen, bleiben die zugrunde liegenden Daten in ihrem genauen Aussagegehalt interpretationsoffen.<br />

Ebenso wie beim politischen Interesse erscheint auch die Frage nach der „Zufriedenheit mit der Demokratie, so<br />

wie sie in Deutschland besteht“ abstrakt, gerade weil hier die politische Kultur („Transparenz und Kommunikation,<br />

Entscheidungsfindung und Einbeziehung“, Schneekloth 2015, S. 173) und die gesellschaftliche Wirklichkeit<br />

(„soziale Lage und Gerechtigkeit, eigene Chancen und empfundene Ausgrenzungen“ (ebd.) bewertet werden<br />

soll. Die Fragen setzen also explizites Wissen um die Begriffe Politik und Demokratie sowie damit verbundene<br />

Strukturen und Handlungsformen voraus. Damit bleibt grundsätzlich bei allen Annahmen eines weit verbreiteten<br />

Verständnisses der Begriffe offen, was Jugendliche unter diesen Fragen subsumieren und worauf sich<br />

ihre Antworten tatsächlich beziehen.<br />

Zur Klärung beitragen können hier inhaltliche Analysen zu konkreten politischen Einstellungsdimensionen,<br />

z. B. zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen und Gegenwartsproblemen. Vor dem Hintergrund der aktuellen<br />

Auseinandersetzung um die Frage der Pluralisierung der Gesellschaft, die vor allem an der Thematik der<br />

Zuwanderung diskutiert wird, deutet sich bspw. in den Resultaten der Shell-Jugendstudien eine Perspektive<br />

junger Menschen an, für die eine durch Migration geprägte Gesellschaft Normalität ist. So gehen zuwanderungskritische<br />

Stimmen bei jungen Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren, die sich eine Beschränkung von<br />

Zuwanderung wünschen, im Kontext von europäischer Wirtschaftskrise und zunehmender Fluchtmigration seit<br />

Mitte der 2000er Jahre von 58 Prozent auf 37 Prozent zurück (Schneekloth 2015, S. 186) und mehr als jede<br />

bzw. jeder zweite Befragte spricht sich noch 2015 für gleichbleibende Bedingungen in der Zuwanderung Geflüchteter<br />

aus. Differenzen in der Perspektive auf Zuwanderung zeigen sich dominant im regionalen Vergleich,<br />

wobei in Ostdeutschland zuwanderungsskeptische Positionen deutlich verbreiteter sind. Auch nach politischer<br />

Selbstverortung im Links-Rechts-Spektrum bestehen deutliche Differenzen in der Perspektive auf Zuwanderung.<br />

Im europäischen Zusammenhang gilt, dass Jugendliche und junge Erwachsene seltener und in geringerem<br />

Maße abwertende Einstellungen, wie Rassismus, Sexismus, Homophobie etc. aufweisen als ältere Erwachsene<br />

(Zick u. a. 2011, S. 109). Auch hier gilt, dass menschenfeindliche Einstellungen mit zunehmendem Alter ansteigen.<br />

Gleichzeitig hat mehr als die Hälfte der in der jüngsten Shell-Jugendstudie befragten Menschen bereits selbst<br />

Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht, für ca. 15 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen gehört<br />

dies zur Alltagserfahrung (Schneekloth 2015, S. 188). Am stärksten mit Diskriminierungserfahrungen vertraut<br />

sind junge Menschen mit Migrationshintergrund oder ausländischer Staatsbürgerschaft (ebd.).<br />

3.6.2 Politische Beteiligung: Wahlen und Mitgliedschaften in politischen Organisationen<br />

Das Verhältnis junger Menschen zu institutionalisierten politischen Zusammenhängen wird neben Einstellungen<br />

und Sichtweisen vor allem in ihrem Wahlverhalten sichtbar. Trotz aller nachweisbarer Veränderungen in der<br />

Kultur der politischen Beteiligung, insbesondere bei jungen Menschen, bildet die Teilnahme an Wahlen als<br />

relativ niedrigschwellige Ausdrucksform der politischen Verantwortungsübernahme bis heute die am weitesten<br />

verbreitete Beteiligungsform (vgl. European Commission 2016, S. 246). So hat im Jahr 2012 jede bzw. jeder<br />

zweite wahlberechtigte befragte junge Mensch unter 25 Jahre in Europa in den vergangenen drei Jahren an einer<br />

Wahl im lokalen, regionalen, nationalen oder europäischen Zusammenhang teilgenommen. Zwischen 1990 und<br />

2011 hat dabei der Wähleranteil unter den jungen Menschen in den meisten europäischen Ländern deutlich abgenommen,<br />

in der Bundesrepublik Deutschland um ca. zwölf Prozent (EACEA 2013, S. 54). Als deutsche<br />

Staatsangehörige sind Jugendliche ab dem Alter von 18 auf der Ebene von Bundestagswahlen wahlberechtigt,<br />

im Kontext von Kommunalwahlen teilweise auch schon ab 16. Ein Blick auf Wahlberechtigung und Wahlverhalten<br />

zeigt, inwieweit junge Menschen im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen politischen Einfluss<br />

geltend machen und inwiefern sie Wahlen beeinflussen können.

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