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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 448 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

humanitären Gründen, sondern auch aufgrund dringender persönlicher Gründe oder erheblicher öffentlicher<br />

Interessen erteilt werden. Die Abschiebung ist auszusetzen (Aussetzungsgründe), wenn ihr tatsächliche oder<br />

rechtliche Gründe entgegenstehen. Beispielsweise kann dem Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Duldung<br />

für die Ausbildung erteilt werden, wenn diese vor dem 21. Lebensjahr begonnen wird und sofern er nicht<br />

aus einem sicheren Herkunftsland stammt. Die Duldung kann um jeweils ein Jahr verlängert werden, solange<br />

die Berufsausbildung andauert (vgl. § 60a Abs. 2 AufenthG). 125<br />

Der Status der Duldung ist bei der Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sehr häufig anzutreffen.<br />

Die Ausländerbehörden erteilen einem neu eingereisten unbegleiteten Minderjährigen in der Regel unabhängig<br />

von der späteren Stellung eines Asylantrags eine Duldung (vgl. Müller 2014, S. 30).<br />

Zudem unterliegen unbegleitete Minderjährige einem spezifischen Abschiebungsschutz, wenn sie im Rückkehrstaat<br />

keinen Personensorgeberechtigten oder keiner geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben werden können<br />

(§ 58 Abs. 1a AufenthG). Aus diesem Grund stellen die Ausländerbehörden eine Duldung nach § 60a Abs. 2<br />

AufenthG aus, wenn das Asylgesuch vor Eintritt der Volljährigkeit abgelehnt wurde.<br />

Ein großer Teil der Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten stellt zudem keinen Asylantrag (vgl.<br />

Müller 2014, S. 16). Für diese Gruppe existiert unter Umständen die Möglichkeit, auch ohne Asylantrag nationale<br />

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG und eine damit verbundene Aufenthaltserlaubnis nach<br />

§ 25 Abs. 3 AufenthG bei der Ausländerbehörde geltend zu machen (§ 79 Abs. 1 S. 2 AufenthG). Eine weitere<br />

aufenthaltsrechtliche Option ist die Erteilung einer Duldung mit der Möglichkeit einer einzelfallbezogenen Regulierung.<br />

Grundsätzlich gibt es sowohl für unbegleitete als auch für begleitete minderjährige Geflüchtete unterschiedliche<br />

Möglichkeiten, aus der Duldung heraus eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Nach dem neu gefassten § 25a<br />

Abs. 1 AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden) soll eine<br />

Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn der jugendliche oder heranwachsende Geduldete sich seit vier Jahren<br />

ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält, er im Bundesgebiet<br />

in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss<br />

erworben hat, der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 21. Lebensjahres<br />

gestellt wird, es gewährleistet erscheint, dass er sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse<br />

in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann und keine konkreten Anhaltspunkte<br />

dafür bestehen, dass er sich nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik<br />

Deutschland bekennt.<br />

Jugendliche, die nach ihrem 17. Geburtstag eingereist sind, profitieren nicht von dieser Neuregelung. Für sie ist<br />

es allerdings möglich, eine zweijährige Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration mit möglicher Verlängerung<br />

erteilt zu bekommen. Für eine Aufenthaltserlaubnis wird dabei vorausgesetzt, dass sie u. a. acht Jahre<br />

(bei Familien mit minderjährigen Kindern sechs Jahre) den sogenannten Voraufenthalt erfüllen (vgl. § 25b<br />

Abs. 1 AufenthG). 126<br />

Die Art des rechtlichen Status hat unterschiedliche Implikationen u. a. für die Bewegungs-, Bildungs- sowie<br />

Beschäftigungsfreiheit der Jugendlichen, die dazu führen, dass Jugendliche – je nach Status – verschiedenen,<br />

z. T. drastischen Einschränkungen ausgesetzt sind. 127 So variieren z. B. je nach Bundesland die Möglichkeiten<br />

des Besuchs von schulischen Angeboten (Willkommensklassen, Eingangsklassen, Übergangsklassen u. ä.).<br />

Verbunden mit den skizzierten rechtlichen Regelungen bestehen aber auch unterschiedliche Regelungen im<br />

Hinblick auf die Beschäftigungsmöglichkeiten, Residenzpflichten und vieles mehr.<br />

Diese komplizierte Gemengelage von asylrechtlichen, ausländerrechtlichen und jugendhilferechtlichen sowie<br />

anderen Reglungen ist schon für viele Fachkräfte nur schwer zu durchschauen – zumal sich die Regelungen in<br />

jüngster Zeit im Kontext der Asylgesetzgebung (vgl. die sogenannten Asylpakete I, II und das Integrationsgesetz;<br />

vgl. BGBl Jg. 2015, Teil I, Nr. 40 vom 23. Oktober 2015; BGBl Jg. 2016, Teil I, Nr.12 vom 16. März<br />

2016; BGBl Jg. 2016 Teil I, Nr. 35 vom 5. August 2016) immer wieder geändert haben – und weitere Änderungen<br />

anstehen könnten.<br />

Folgenreicher ist aber, dass ganz offenbar für viele der Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Regelungen<br />

und Verfahren weitestgehend intransparent erscheinen, wie auch erste Ergebnisse des DJI-Projektes „Unbeglei-<br />

125<br />

126<br />

127<br />

Vgl. § 60a Abs. 2 AufenthG.<br />

Vgl. § 25a und § 25b AufenthG .<br />

Vgl. http://www.svr-migration.de/publikationen/junge-fluechtlinge-aufgaben-und-potenziale-fuer-das-aufnahmeland/ [19.10.2016].

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