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Drucksache 18/11050 – 356 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Halbtagsschule allein die Vorbereitung auf die komplexen Lebensanforderungen nicht leisten kann und dass<br />

daher die Ganztagsschule in dieser Hinsicht neue Möglichkeiten für Lern- und Bildungsprozesse eröffnet (vgl.<br />

Deutscher Bundestag 2005). Erreicht werden sollte dies durch eine neue Form der Zusammenarbeit von Schule<br />

mit den außerhalb bzw. neben der Schule tätigen Akteuren, etwa der Kinder- und Jugendhilfe, dem Sport oder<br />

der Kultur.<br />

Einen wichtigen Anstoß in diese Richtung gab auch der gemeinsame Beschluss der Jugendminister- und der<br />

Kultusministerkonferenz (JMK/KMK 2004) allein schon dadurch, dass erstmalig von beiden Konferenzen in<br />

dieser Frage gemeinsame Ziele und Erwartungen formuliert wurden.<br />

Sie riefen alle beteiligten Akteure in den Ländern und Kommunen sowie die Schulen dazu auf, die Kooperationsbemühungen<br />

zu unterstützen, weil u. a. vor allem<br />

– in der Mischung kognitiver, sozialer, personal-emotionaler und praktisch-kreativer Angebote und Anforderungen,<br />

die über den gesamten Tag verteilt, in unterschiedlicher Intensität und Folge Kinder und Jugendliche<br />

in ihrem gesamten Wahrnehmungsspektrum besser ansprechen, eine gute Basis gegeben ist, um die<br />

Lernmotivation und Aufnahmebereitschaft sowohl in unterrichtlichen als auch in außerunterrichtlichen<br />

Kontexten zu erhöhen;<br />

– diese Ziele durch eine Ergänzung der Schule durch Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, des Sports, der<br />

Kultur und anderen außerschulischen Akteuren sowie durch Öffnung der Schule zum Gemeinwesen eher<br />

realisierbar erschienen (vgl. JMK/KMK 2004).<br />

Mit dieser Erwartung wurde auch ein Prozess der Veränderung des Profils der bisherigen Halbtagsschule eingeleitet,<br />

wie sie auch im IZBB-Programm formuliert war: die Öffnung von Schule durch Kooperation mit der<br />

Kinder- und Jugendhilfe, sozialen und kulturellen Einrichtungen und Betrieben vor Ort als einen Qualitätsstandard<br />

(vgl. BMBF 2003). Ganztagsschule als „Lern-, Lebens- Erfahrungs- und Kulturraum“ (Höhmann 2012;<br />

ähnlich auch Bundesjugendkuratorium/Sachverständigenkommission für den Elften Kinder- und Jugendbericht/Arbeitsgemeinschaft<br />

für Jugendhilfe 2002) sollte eine Erweiterung ihrer Entfaltungsmöglichkeiten für die<br />

Schülerinnen und Schüler erhalten und sich an einem Bildungsbegriff orientieren, der „weit über die Schule<br />

hinausreicht“ (ebd.).<br />

Gedacht war daran, insbesondere Akteure aus der Kinder- und Jugendhilfe, der Kultur und des Sports sowie<br />

Verbände und Vereine gezielt in die Schule zu holen. Damit sollte gemeinsam eine (multiprofessionelle) Schulstruktur<br />

entwickelt werden, die sich hinter der Überschrift „Zeit für mehr“ (BMBF 2003) versteckte und damit<br />

„ihren Blick ebenso auf die soziale und kulturelle Seite der Bildung richten und sich nicht allein auf die Funktion<br />

einer ‚Chancenverteilungsinstanz‘“ konzentrieren sollte (Rauschenbach 2009b, S. 12, darüber hinaus vgl.<br />

auch Deutscher Bundestag 2013). So wird im Bildungsbericht 2014 betont, dass eine Verständigung über eine<br />

„gezielte Einbindung außerschulischer Akteure“ eine zentrale Voraussetzung dafür ist, dass die Bedarfe der<br />

Eltern, die bei Ganztagsschulen „einen Teil ihrer Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsaufgaben an die Schule<br />

abtreten“, mitberücksichtigt werden. Zudem weist auch der Bildungsbericht auf den Bedarf nach einem veränderten,<br />

erweiterten Bildungskonzept durch ein entsprechendes klares pädagogisches Konzept im Ganztag hin<br />

(Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2014, S. 11).<br />

Aufbauend auf konzeptionellen Überlegungen, aber auch auf gelungenen Kooperationsbeispielen mit Blick auf<br />

eine Verbindung zwischen unterrichtsbezogenem und außerunterrichtlichem Lernen gab (und gibt es noch)<br />

weitgehende Übereinstimmungen darin, Bildung als einen Prozess zu verstehen, der weder allein an schulischen<br />

Unterricht noch an schulische Inhalte gebunden ist. Bildungsprozesse Jugendlicher können vielmehr an unterschiedlichen<br />

Orten, über verschiedene Akteure und in vielfältigen Gestaltungsformen stattfinden. Ganztagsschule<br />

kann dann in der Verschränkung von unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Arrangements und Akteuren<br />

einen erweiterten Möglichkeitsraum für Jugendliche eröffnen, indem sie Schülerinnen und Schüler gleichzeitig<br />

auch als Jugendliche anerkennt und versucht, ihren Bedürfnissen Rechnung zu tragen. In diesem Sinn wäre die<br />

Einführung der Ganztagsschule auch danach zu bewerten und zu beurteilen, ob sie dem Ort „Schule“ den Raum<br />

und die Rahmung eröffnet, um das „Dilemma der kognitiven Engführung“ (Rauschenbach 2009b, S. 168) der<br />

klassischen Halbtagsschule zu überwinden und stattdessen solche Formate und Räume zu schaffen, die sie zu<br />

einem „ganzheitlichen Entwicklungsort“ werden lassen (Prüß 2009 u. a., S. 51).<br />

Inzwischen ist die Kooperation mit Akteuren der Bildung und Erziehung im Kontext der Ganztagsschule sehr<br />

viel eher zu einer Selbstverständlichkeit geworden und „ein nicht wegzudenkendes Element der Gestaltung<br />

ganztägiger Bildungsarrangements“ (StEG-Konsortium 2015, S. 32). Dennoch zeigt sich hier ein sehr unterschiedliches<br />

Bild hinsichtlich ihrer Vielfalt und strukturellen Umsetzung. Die unterschiedliche strukturelle und

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