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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 215 – Drucksache 18/11050<br />

sum bei den Zwölf- bis 17-Jährigen im Zeitvergleich seit 2004 – wo mit 15 Prozent ein Höhepunkt erreicht war<br />

– zurück und liegt 2015 bei knapp neun Prozent (Orth 2016, S. 61).<br />

Dass es allerdings unübersehbare regionale Unterschiede beim Drogengebrauch gibt, zeigen die Befunde der<br />

Frankfurter Schülerstudie aus dem Jahr 2014. Hier geben 41 Prozent der 15- bis 18-Jährigen an, Cannabis mindestens<br />

einmal in ihrem Leben bisher konsumiert zu haben, 33 Prozent nutzten es in den letzten zwölf Monaten<br />

(Werse u. a. 2015, S. 65). In Nordrhein-Westfalen steigt die Zahl der minderjährigen Konsumentinnen und<br />

Konsumenten (unter 18 Jahre) weiterhin an, wobei dies besonders für Cannabis (Zunahme 19,3 % vs. 14,2 %<br />

alle Altersklassen) und Delikte mit Amphetaminen (Steigerung 21,4 % vs. 10,4 % alle Altersklassen) zu vermerken<br />

ist. Diesbezüglich nehmen die Zahlen des Handels mit und Schmuggels von Rauschgiften (insbes. Cannabis)<br />

an Schulen zu. Delikte mit Ecstasy und sonstigen Betäubungsmitteln nehmen in dieser Altersgruppe –<br />

entgegen der allgemeinen Entwicklung – tendenziell ab (vgl. Schmitz 2015).<br />

Ein aktuell eher unüberschaubares, da ein sich ständig veränderndes Segment, ist das Angebot und der<br />

Gebrauch von sogenannten „Legal highs“ oder „Research Chemicals (RCs)“. Dabei handelt es sich um psychoaktive<br />

Substanzen, die online als Badesalze, Düngerpillen oder Kräutermischungen verkauft werden. Deren<br />

genaue Zusammensetzung und die Legalität des Vertriebs sind teilweise unbekannt bzw. strittig, wie auch deren<br />

(Langzeit-)Wirkung auf den Menschen. Der Konsum kann neben der Rauschwirkung zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen<br />

(Übelkeit, Herzrasen, Orientierungsverlust, Kreislaufversagen, Ohnmacht, Lähmungserscheinungen<br />

und Wahnvorstellungen) bis hin zum Versagen der Vitalfunktionen führen (Die Drogenbeauftragte der<br />

Bundesregierung 2015, S. 43ff.). In der Frankfurter Schülerstudie gaben 2014 sechs Prozent an, bereits Räuchermischungen<br />

(„Spice“ u. a.) konsumiert zu haben (Werse u. a. 2015, S. 63).<br />

In den gesellschaftlichen Debatten zum illegalen Drogengebrauch steht aktuell das als „Crystal Meth“ bekannte<br />

Methamphetamin im Blickpunkt. Ursächlich dafür sind das außerordentlich hohe Suchtpotenzial sowie die zerstörende<br />

Wirkung der Substanz. Aktuelle Befunde zum Gebrauch der Droge unter Jugendlichen liegen nicht<br />

vor. Aus einer im Jahre 2011 im Rahmen der „Europäischen Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen“<br />

durchgeführten repräsentativen Befragung von Jugendlichen der neunten und zehnten Klasse geht hervor, dass<br />

sechs Prozent der Befragten in ihrem bisherigen Leben Amphetamine und andere Aufputschmittel konsumiert<br />

haben. Die Konsumneigung steigt dabei mit geringeren Schulleistungen und familiären Problematiken (Institut<br />

für Therapieforschung 2014, S. 23ff.). Im Hinblick auf regionale Unterschiede lässt sich generell feststellen,<br />

dass Regionen in Grenznähe zu Tschechien verstärkt mit den Problemen des Konsums konfrontiert sind. „In den<br />

Beratungs-und Behandlungseinrichtungen machen die Hilfe suchenden ‚Crystal‘-Konsumierenden in diesen<br />

Regionen zwischen 50 und 70 Prozent der Klientel aus, aber auch in der Notfallmedizin und in der Psychiatrie<br />

stellen sie eine erhebliche Herausforderung dar“ (Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2015, S. 40).<br />

Neben der Suchtproblematik und Beschaffungskriminalität nimmt im Jugendhilfebereich laut Auskunft der<br />

Praxisstellen der Bedarf an Hilfen für junge Eltern zu, die die Droge Chrstal konsumieren und eigene Kinder<br />

haben. Ebenso wie beim Thema Alkohol spielen Peergroups und deren Dynamiken auch im Hinblick auf die<br />

Entwicklung gewaltaffinen und delinquenten Verhaltens eine zentrale Rolle, sie können aber gleichzeitig auch<br />

solche Verhaltensweisen explizit ablehnen oder in peerkulturell akzeptierten Grenzen halten. Während in den<br />

meisten Peergroups kriminelle Praktiken und physische Gewaltausübung keine Rolle spielen, stellen Peereinflüsse<br />

gleichzeitig zentrale Prädiktoren hierfür dar, sodass der Umstand, delinquente oder gewalttätige Freunde<br />

zu haben, als ein wichtiger Kontextfaktor für eigenes Gewalt- und Delinquenzhandeln zu betrachten ist (Taefi<br />

u. a. 2014). Insbesondere Defiziterfahrungen und fehlende Anerkennung in Familie und Schule, die sich häufig<br />

bei Jugendlichen kumulieren, die gleichzeitig mit Exklusionserfahrungen im Hinblick auf Bildungsbeteiligung,<br />

sozioökonomischen Status und quartiersbezogener Platzierung konfrontiert sind, erscheinen darüber hinaus als<br />

Faktoren, die eine solche Ausrichtung befördern können. Schulische und residenzielle soziale Segregation begünstigen<br />

zudem das Aufeinandertreffen von Jugendlichen mit derartigen Erfahrungen und erhöhen die Kontaktwahrscheinlichkeit<br />

zwischen delinquenten Peers und damit die Bildung von Gruppen, in denen Delinquenz<br />

und Gewalt eine Rolle spielen (Oberwittler u. a. 2013).<br />

So besucht die Mehrheit der in der zwar regional begrenzten YouPrev-Studie (ebd.) befragten überwiegend<br />

männlichen Jugendlichen, die mit mindestens fünf Gewalttaten in den letzten zwölf Monaten als Mehrfachtäter<br />

eingestuft wurden, eine Hauptschule und hat gewalttätige Freunde, die bereits Raubstraftaten oder gravierende<br />

Körperverletzungen begangen haben. Wenngleich gruppenbezogene physische Gewaltausübung vorwiegend ein<br />

Thema männlicher Jugendlicher ist, finden sich v. a. in den subkulturellen Milieus der sozialen Brennpunkte<br />

zunehmend auch Mädchen in gewaltbereiten Cliquen zusammen (vgl. Lamnek u. a. 2012). Multiple Problemlagen<br />

können sich schließlich auch als Triebfeder für die Bildung von Jugendcliquen erweisen, in denen die ethni-

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