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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 274 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

rungen der Jugendphase und damit zur Selbstpositionierung und Verselbstständigung als auch Qualifizierung<br />

nutzen (vgl. Abs. 4.2). Zeitgleich konfrontiert sie das digital-vernetzte und stark durchkommerzialisierte Leben<br />

mit neuen Anforderungen und Ambivalenzen und fordert ihnen permanent Entscheidungen ab, deren Tragweite<br />

sie zu diesem Zeitpunkt kaum abschätzen können (vgl. Abs. 4.3). Notwendig werden im Zuge dessen besondere<br />

Ansprüche an das individuelle Wissen und Können („Medienkompetenz“) und die zukünftige Qualifikation<br />

(„Digitale Bildung“, vgl. Abs. 4.4). Jugendliche sind damit zeitgleich auf verschiedenen Ebenen gefordert, und<br />

sie können nur begrenzt auf das Erfahrungswissen Erwachsener zurückgreifen, da diese gleichermaßen von der<br />

beschleunigten Mediatisierung betroffen und teils auch überfordert sind.<br />

Welche Regelungen und Konzepte sind notwendig, um in einer digital-vernetzten Welt „Jugend zu ermöglichen“<br />

und Jugendliche unter Berücksichtigung ihrer je spezifischen Lebenslagen bei der Bearbeitung und Bewältigung<br />

ihres digital-vernetzten Lebens unterstützen zu können? Um diese Frage zu beantworten, soll im<br />

Folgenden zunächst beleuchtet werden, wie Jugendliche sich in diesem digitalen Leben und den hybriden On-<br />

/Offline-Handlungsräumen aktuell bewegen. Wie hat sich die Medienumgebung gewandelt? Auf welche Weise<br />

bearbeiten Jugendliche die Kernherausforderungen der Selbstpositionierung, Verselbstständigung und Qualifizierung?<br />

Wie gehen sie mit den sich mehr und mehr verschiebenden Grenzlinien um? Wo eröffnen sich ihnen<br />

neue Freiräume und wo werden sie durch Spannungsverhältnisse, Ambivalenzen und Zumutungen neu gefordert?<br />

Können alle Jugendlichen gleichermaßen partizipieren? An welchen Stellen zeichnet sich Unterstützungsbedarf<br />

ab? Diese Fragen werden im Folgenden empirisch erörtert und diskutiert.<br />

4.1 Gewandelte Medienumgebungen und -praktiken<br />

Mit dem Aufkommen der digital-vernetzten Medien haben sich die Kommunikationsumgebungen und -<br />

praktiken maßgeblich gewandelt. Repräsentative Studien der letzten Jahre zeigen, dass Jugendliche immer früher<br />

im Besitz von Mediengeräten sind, eine Steigerung der Besitzraten mit zunehmendem Alter wird nur noch<br />

bei den Geräten Fernseher (12-13-Jährige: 42 %, 18-19-Jährige: 69 %) und Computer/Laptop deutlich (12-13-<br />

Jährige: 63 %, 18-19-Jährige: 93 %) (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2015, S. 8). Im Jahr<br />

2010 wurde das ehemalige Leitmedium Fernsehen der Zwölf- bis 19-Jährigen erstmals vom Internet abgelöst<br />

(Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010, S. 11). Digitale und vor allem mobile Medien zu<br />

nutzen, ist für Jugendliche aller Altersklassen heute eine Selbstverständlichkeit (Medienpädagogischer Forschungsverbund<br />

Südwest 2015, S. 11) – wodurch sie auch früher im Leben auf eigene Kompetenzen im Umgang<br />

mit Medien verwiesen sind.<br />

Die Portabilität der Geräte hat aktuell den größten Einfluss auf die Veränderung von Medienpraktiken. Sie ermöglicht<br />

es (nicht nur) Jugendlichen „permanently online, permanently connected“ zu sein und nahezu jederzeit<br />

und allerorts auf anderswo gespeichertes Wissen oder Personen zugreifen zu können (Vorderer 2015). Unabhängig<br />

von raum- und ortsbezogenen Sozialstrukturen eröffnet sie auch Zugänge zu kommunikativer und virtueller<br />

Mobilität (Urry 2007), die in einem heute insgesamt von Mobilität geprägten Leben zunehmend wichtiger<br />

sind. Mobilität erscheint heute gleichermaßen als Notwendigkeit zur sozialen Teilhabe und auch als Freiheit, die<br />

sich über zusätzliche Autonomiegewinne äußert – und dies für Jugendliche im besonderen Maße (Tully/Baier<br />

2006).<br />

Die mobile Kommunikation gewinnt für Jugendliche aktuell vor allem über das Smartphone an Bedeutung.<br />

81 Prozent der Zwölf- bis 25-jährigen Jugendlichen gehen mit dem Mobilfunkgerät online, gefolgt vom Laptop<br />

und Notebook (64 %; Shell Deutschland Holding 2015, S. 123). Der Zugang über ein Handy/Smartphone ist in<br />

den letzten Jahren exponentiell angestiegen (2006: 5 %, 2013: 73 %, 2014: 86 %, 2015: 88 %; ebd., Medienpädagogischer<br />

Forschungsverbund Südwest 2015, S. 30). Bezogen auf die tägliche und mehrmals wöchentliche<br />

Nutzung zeigt sich ein Anstieg von zwei Prozent im Jahr 2007 (Vorstellung der ersten iPhone-Generation) auf<br />

65 Prozent im Jahr 2013 und 94 Prozent im Jahr 2015 (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest<br />

2013, S. 30; Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2015, S. 13). Laut der aktuellen JIM-Studie<br />

besitzt fast jede und jeder Zwölf- bis 19-Jährige inzwischen ein eigenes Mobiltelefon (98 %), mit 92 Prozent ist<br />

dies bei der Mehrheit ein Smartphone (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2015, S. 7). Dieses<br />

etabliert sich bei Jugendlichen immer mehr als „Alleskönner“, es wird sowohl zur Kommunikation, zum Abspielen<br />

von Musik, als Online-Zugang zum Surfen im Internet, zum Telefonieren und Ansehen von Videos, zur<br />

Pflege von Kontakten in Online-Communities und zum Aufnehmen und Verschicken von Fotos als auch (mobilen)<br />

digitalen Spielen genutzt (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2015, S. 47; Medienpädago-

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