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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 473 – Drucksache 18/11050<br />

mehr gleicht sie einer Arena der argumentativen Auseinandersetzung, der Kontroversen um der Sache willen<br />

und des demokratischen Streits um Ergebnisse und Richtungen. Im Mittelpunkt stehen dann nicht mehr allein<br />

oder vordergründig die Aneignung von Techniken oder Verfahrensweisen politischer Entscheidungsfindung in<br />

Parlamenten und Gremien, sondern die Entwicklung einer demokratischen Haltung, einer eigenen, begründeten<br />

Meinung und einer Bereitschaft, sich als an der politischen Gestaltung des Gemeinwesens zu beteiligen.<br />

Im Kontext der Qualifizierungs-, Selbstpositionierungs- und Verselbstständigungsprozesse im Jugendalter ist<br />

eine integrierte politische Bildung in den alltäglichen „Arenen des Lernens“, der Schulen – insbesondere der<br />

Ganztagsschulen –, der Kinder- und Jugendarbeit sowie anderer sozialer Dienste und öffentlicher Einrichtungen<br />

gefordert. Dabei ist auch die mediale Alltagswelt Jugendlicher einzubeziehen. Dies zu ermöglichen, setzt nicht<br />

allein ein gesellschaftliches Bewusstsein über die fundamentale Bedeutung politischer Bildung im Jugendalter<br />

voraus. Es bedarf auch eines neuen Bewusstseins der Politik, „Jugend“ als jene Generation mit zukunftsrelevanter<br />

gesellschaftlicher Gestaltungs- und Verantwortungskraft zu verstehen. Jugend ermöglichen, bedeutet daher<br />

auch, Jugendlichen auf breiter Ebene Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme zu eröffnen, auch und vielleicht<br />

vor allem in jenen Institutionen, die für die genannten Kernherausforderungen von besonderer Bedeutung<br />

sind.<br />

‣ Beteiligung als Voraussetzung für demokratische Aneignungsprozesse<br />

Beteiligung Jugendlicher an für sie zentralen Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen und damit<br />

die Stärkung ihrer Rolle als gesellschaftlich handelnde Akteure ist wesentlicher Teil einer demokratischen<br />

Gesellschaft. Das institutionelle Gefüge des Aufwachsens und die verschiedenen Ebenen<br />

der Politik müssen sich daher daran messen lassen, inwieweit sie eine zivilgesellschaftliche<br />

Beteiligungs- und Verantwortungskultur im Jugendalter und bei jungen Erwachsenen stärken und<br />

Beteiligung ermöglichen. Hierzu gehören vor allem Gestaltungs- und Ermöglichungsräume, die<br />

zur Selbstpositionierung und Verselbstständigung Jugendlicher beitragen und so gestaltet sind,<br />

dass sie soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen in den Beteiligungsprozessen vermeiden<br />

bzw. abbauen.<br />

Es gehört zum Wesen einer demokratischen Gesellschaft, ihre Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungsprozessen<br />

zu beteiligen. Vor allem in jüngster Zeit wird Beteiligung verstärkt als ein elementares Instrument<br />

zur Gestaltung öffentlicher Räume und Institutionen im politischen Raum, von Jugendlichen und ihren<br />

Organisationen eingefordert. Nicht allein deshalb, weil Jugendliche zu einer gesellschaftlichen Minderheit geworden<br />

sind, sie aber die Folgen politischer Entscheidungen in der Zukunft zu tragen haben, sondern auch, weil<br />

ihre Interessen und Bedürfnisse ernst genommen werden und sie die Chance haben müssen, diese auch adäquat<br />

einbringen zu können, selbst dann, wenn sie dabei die Grenzen der Durchsetzung der eigenen Vorstellungen<br />

erfahren. Beteiligung ist für sie ein zentraler Baustein einer demokratischen Kultur und damit zu einer manifesten<br />

Forderung geworden. Beteiligung hat viel mit Gelegenheiten zur Einbringung eigener Vorstellungen und<br />

Interessen zu tun, in der Schule, in der Kinder- und Jugendarbeit, in Vereinen oder auch in den lokalen Politikstrukturen.<br />

Beteiligung zu ermöglichen ist eine Aufgabe, die alle Jugendliche adressiert. Hier aber bestehen<br />

erhebliche Lücken und Defizite.<br />

Zudem wirken vorhandene und praktizierte Beteiligungsformate und -projekte häufig sozial selektiv. Die oftmals<br />

zu beobachtende Konzentration auf die Teilgruppe der engagierten Jugendlichen blendet aus, dass Jugendliche<br />

und junge Erwachsene aus benachteiligten Milieus und auch junge Menschen mit Migrationserfahrungen<br />

oft nicht in gleichem Maße in Beteiligungsformate vor Ort eingebunden sind bzw. sich dadurch angesprochen<br />

fühlen. So ist die Zusammensetzung der kommunalen Jugendparlamente häufig ein Spiegelbild dieser zielgruppenorientierten<br />

Konzentration. Will man das ändern, ist von dem Grundsatz auszugehen, dass Beteiligung nicht<br />

darauf reduziert werden darf, ob Jugendliche und junge Erwachsene sie wahrnehmen oder auch nicht, sondern<br />

dass alle Jugendlichen ein „Recht auf Partizipation“ haben und dieses Recht auch sichergestellt werden muss.<br />

Diese Perspektive wird auch mitunter mit Konzepten der „Demokratiebildung“ sowie dem Verweis auf die supranationalen<br />

Rechte von Kindern gemäß der UN-Kinderrechtekonvention verbunden. Das ist primär eine Aufgabe<br />

der Politik und des institutionellen Gefüges des Aufwachsens, denn sie müssen auch die Gelegenheiten<br />

und Formen der Partizipation bereitstellen. Darauf weisen auch die Jugendorganisationen in der Kinder- und<br />

Jugendarbeit immer wieder hin. Erforderlich ist daher eine grundlegende konzeptionelle Verankerung von Beteiligungsformaten<br />

im institutionellen Gefüge des Aufwachsens, insbesondere in den Schulen. Unübersehbar

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