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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 206 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

haben und Kontakte zwischen Familienmitgliedern kontinuierlich bestehen und gepflegt werden (vgl. etwa Bauereiss<br />

u. a. 1997; Bertram 1991). Vermutet werden darf, dass sich für die Mehrheit der derzeitigen Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen dieser Befund noch erhärten lässt, da nicht nur die Kontaktmöglichkeiten vielfältiger<br />

geworden sind, sondern auch das gegenseitige Mitteilungsbedürfnis über die Erlebnisse im Alltag, auch und<br />

gerade über nationalstaatliche Grenzen hinweg. Ob – und wenn ja, inwieweit – und aus welchem Anlass familiale<br />

Netzwerke wie aktiviert werden, wäre eine spannende Frage an und über eine Jugendgeneration, der die<br />

Nutzung der digitalen Medien in solch besonderem Maß zugeschrieben wird.<br />

3.2.4 Lebens- und Wohnformen<br />

Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) in der Bundesrepublik Deutschland leben nach wie vor am häufigsten<br />

in familialen Konstellationen mit ihren verheirateten Eltern zusammen (vgl. hierzu ausführlich Kap. 2), obwohl<br />

diese Lebensform seit fast zwei Jahrzehnten konstant rückläufig ist (1996: 81 %; 2014: 69 %). Dagegen wächst<br />

die Zahl der Kinder und Jugendlichen, deren Eltern in Lebensgemeinschaften wohnen (2014: 10 %; 1996: 5 %).<br />

Mit einem Elternteil (entweder Mutter oder Vater) leben 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren<br />

(1996: 14 %) zusammen (vgl. hierzu ausführlich Abs. 2.3.1).<br />

Die meisten Jugendlichen, die bei ihren Eltern aufgewachsen sind, leben auch nach der Vollendung des 18.<br />

Lebensjahrs weiterhin mit ihren Eltern zusammen (2010: 77 % der 18-21-Jährigen); ein Grund hierfür sind die<br />

längeren Ausbildungszeiten (vgl. Leven u .a. 2010, S. 67ff.). Im Alter von 25 Jahren lebt, so Befunde aus dem<br />

Jahr 2010, noch etwa jede fünfte junge Frau und – mit 38 Prozent – mehr als jeder dritte junge Mann noch bei<br />

den Eltern. Dabei zeigen sich neben der Geschlechtsspezifik noch regionale Differenzen. Ostdeutsche junge<br />

Menschen wohnen mit 25 Jahren noch zu einem Viertel bei ihren Eltern, während dies 31 Prozent der westdeutschen<br />

Jugendlichen tun (Hammes 2011, S. 999f.). Allerdings geben auch 43 Prozent der befragten Jugendlichen,<br />

die nicht mehr Schülerinnen oder Schüler sind und noch bzw. wieder bei den Eltern wohnen, als Grund für das<br />

gemeinsame Wohnen an: „weil das für uns alle am bequemsten ist“, während fast die Hälfte der Jugendlichen<br />

(46 %) sich eine eigene Wohnung nehmen würde, wenn sie es sich „finanziell leisten könnte(n)“ (Leven u. a.<br />

2010, S. 70).<br />

Allerdings scheint sich vor diesem Hintergrund die Frage nach den intergenerationalen Beziehungen in den<br />

letzten Jahren neu oder mindestens anders zu stellen. Ein klassischer „Generationskonflikt“, der noch in den<br />

soziologisch orientierten Jugendforschungen bis in die 1990er-Jahre hinein diskutiert wurde, zeichnet sich aktuell<br />

nicht mehr derart ab, wie es traditionell verhandelt worden ist. Vielmehr wird davon auszugehen sein, dass<br />

die Beziehungen zwischen Jugendlichen und (ihren) Erwachsenen gegenwärtig andere Formen und Funktionen<br />

angenommen haben. So zeichnet sich in der Shell-Erhebung aus 2010 deutlich ab, dass diejenigen Jugendlichen,<br />

deren Herkunftsfamilie „mehr als nur Schicksalsgemeinschaft“ ist, durchaus die Vorbildfunktion ihrer Eltern<br />

und ein partnerschaftliches Verhältnis als festen familialen Rückhalt schätzen und als intergenerationale Ressource<br />

nutzen. Zu fragen bleibt, welche Auswirkungen dieses veränderte intergenerationale Verhältnis für diejenigen<br />

hat, die nicht auf ihre familialen Beziehungen als „selbstverständliche Ressource“ zurückgreifen können.<br />

3.2.5 Familiale Disparitäten<br />

Daneben existiert aber auch eine Lebensrealität, die eben genauso stark von der familiären Herkunft abhängig<br />

soziale Disparitäten hervorbringt: Der „zuversichtliche und durchaus optimistische Pragmatismus gelingt den<br />

jungen Leuten am besten, die aus den beiden obersten sozialen Schichten kommen“ (gemeint ist hier die Unterteilung<br />

von Unterschicht, untere Mittelschicht, Mittelschicht, obere Mittelschicht, Oberschicht, vgl. Albert u. a.<br />

2010, S. 344) – und damit öffnen sich diesen Jugendlichen nahezu alle beruflichen und sozialen Möglichkeiten.<br />

Bei den Jugendlichen, die als Angehörige unterer und mittlerer Sozialschichten eingestuft werden, ergibt sich<br />

ein etwas anders Bild: Zuversicht und Pragmatismus ist auch bei ihnen zu finden, obwohl sie sich durchaus<br />

bewusst sind, dass prekäre Lebenslagen für sie in der Zukunft nicht ausgeschlossen werden können. „Ganz anders<br />

die Situation bei den jungen Menschen in Deutschland, die hinsichtlich ihrer sozialen Herkunft weniger<br />

privilegiert sind. Sie stammen aus wirtschaftlich relativ armen Elternhäusern, in denen Vater und Mutter eine<br />

geringe oder gar keine Berufsausbildung haben, immer wieder von Arbeitslosigkeit bedroht oder manchmal

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