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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 447 – Drucksache 18/11050<br />

In besonderer Weise bedroht sind junge Frauen und Kinder, Opfer von Missbrauch und Vergewaltigungen zu<br />

werden. Erwähnt werden muss schließlich die Gefahr, unterwegs voneinander getrennt zu werden und damit<br />

Eltern und Angehörige – u. U. auf Dauer – zu verlieren: „Die Schlepper nehmen diese Trennungen bei Schleusungen<br />

entweder billigend in Kauf oder sie werden möglicherweise mutwillig herbeigeführt, um Teile der Familie<br />

unter Druck setzen zu können“ (Rieger 2015, S. 70). Allerdings muss auch hier ergänzt werden, dass bislang<br />

keine Studien vorliegen, die entsprechende Erfahrungen und Größenordnungen wenigstens näherungsweise<br />

empirisch beschreiben. Zu bedenken ist bei alledem, dass die Flucht nach Mitteleuropa normalerweise mehrere<br />

Wochen und angesichts verschlossener Grenzen mitunter Monate dauern kann.<br />

7.4.2 Ankunft in Deutschland – rechtliche Sortierungen<br />

Die Ankunft in Deutschland bedeutet für geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene sehr Unterschiedliches.<br />

Verantwortlich dafür ist eine ganze Reihe von Faktoren: ob es sich um unbegleitete oder begleitete Minderjährige<br />

(zu dieser Unterscheidung vgl. Hansen 2016) oder, rechtlich betrachtet, um Erwachsene handelt; welcher<br />

asylrechtliche Status ihnen mit welcher Aussicht, anerkannt zu werden, zugeschrieben wird; ob Deutschland der<br />

gewünschte „Zielort“ der Flucht oder „nur“ Durchgangsstation ist; und wohin man ggf. verteilt wird. 123<br />

Durch § 14a AsylG wird davon ausgegangen, dass ein von seinen Eltern gestellter Asylantrag für jedes minderjährige<br />

Kind als gestellt gilt, sofern sich das betreffende Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet<br />

aufhält, ohne freizügigkeitsberechtigt oder im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein, wenn es zuvor noch<br />

keinen Asylantrag gestellt hatte. Somit werden begleitete minderjährige Geflüchtete, deren Eltern einen Asylantrag<br />

gestellt haben, so erfasst und im weiteren Verlauf des Verfahrens so behandelt, als hätten sie selbst einen<br />

Asylantrag gestellt.<br />

Dies gilt auch für minderjährige Kinder, die ihren Eltern nach Deutschland folgen oder in Deutschland geboren<br />

worden sind, auch dann, wenn die Eltern im Asylverfahren bereits abgelehnt wurden. Unbegleitete Minderjährige<br />

können, da sie selbst in diesem Verfahren nicht handlungsfähig sind, einen Asylantrag nur über den gerichtlich<br />

bestellten Vormund oder Pfleger stellen (vgl. § 12 AsylG bzw. § 80 AufenthG). 124<br />

Während der Dauer des Asylverfahrens wird minderjährigen Asylbewerbern bzw. Asylbewerberinnen eine Aufenthaltsgestattung<br />

nach § 55 Abs. 1 AsylG erteilt. Sie erhalten demnach zunächst keinen Aufenthaltstitel, sondern<br />

lediglich eine zeitlich begrenzte Gestattung des Aufenthalts in Deutschland bis zur Entscheidung über den<br />

Asylantrag.<br />

Wenn ein Asylantrag bewilligt wurde, erteilt die Ausländerbehörde je nach Art der Entscheidung eine Aufenthaltserlaubnis<br />

mit unterschiedlicher Gültigkeitsdauer (vgl. § 26 AufenthG). Sind Jugendliche als Asylberechtigte<br />

(Art. 16a Abs. 1 GG) anerkannt worden bzw. ist ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden (§ 3<br />

Abs. 1 AsylG), wird ihnen von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis mit dreijähriger Gültigkeit<br />

ausgestellt. Nach diesen drei Jahren kann die Ausländerbehörde den Jugendlichen eine unbefristete Niederlassungserlaubnis<br />

erteilen (vgl. § 26 Abs. 3, 4 AufenthG).<br />

Wer als subsidiär Schutzberechtigter (§ 4 Abs. 1 AsylG) anerkannt wird, erhält eine Aufenthaltserlaubnis mit<br />

einjähriger Gültigkeit, die um jeweils zwei Jahre verlängert werden kann (vgl. § 26 Abs. 1 S. 3 AufenthG).<br />

Wird ein Abschiebungsverbot (vgl. insbesondere § 60 Abs. 5, 7 AufenthG) festgestellt, erteilt die Ausländerbehörde<br />

dem betroffenen Jugendlichen eine Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr, die mehrmals verlängert<br />

werden kann. In beiden Fällen kann nach fünf Jahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden,<br />

wenn der Jugendliche weitere Voraussetzungen, u. a. die Sicherung des Lebensunterhalts sowie Kenntnisse der<br />

deutschen Sprache, erfüllt. Sofern Anhaltspunkte gegeben sind, prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />

jedoch zuvor, ob der subsidiäre Schutz bzw. das Abschiebungsverbot zu widerrufen oder zurückzunehmen<br />

ist.<br />

Im Falle eines abgelehnten Asylverfahrens und sofern eine Abschiebung nicht bzw. noch nicht möglich ist, wird<br />

eine Duldung erteilt (vorübergehend Aussetzung der Abschiebung nach § 60a AufenthG). Die Duldung stellt<br />

dabei keinen Aufenthaltstitel dar, sondern wird für längstens sechs Monate ausgesprochen und ist somit die<br />

zeitweise Aussetzung einer an sich zulässigen Abschiebung. Die Duldung kann darüber hinaus nicht nur aus<br />

123<br />

124<br />

Vgl. zum Verteilungsverfahren http://www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/Asylverfahren/Verteilung/verteilung-node.html<br />

[19.10.2016].<br />

Vgl. § 12 Abs. 1 AsylG und § 80 Abs. 1 AufenthG.

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