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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 203 – Drucksache 18/11050<br />

Wochenplan Matilda, 18 Jahre<br />

Porträt 3-1<br />

Matilda lebt zusammen mit ihrer Mutter und ihren zwei Brüdern in einer mitteldeutschen Großstadt. Ihr Vater<br />

wohnt in derselben Stadt, die Eltern leben getrennt. Jeden Mittwochabend fährt sie gemeinsam mit ihren<br />

Brüdern zum Vater, bei dem sie jedes zweite Wochenende wohnen.<br />

Matilda besucht das Gymnasium, sie spielt Klarinette und Klavier, singt in einem Chor und ist zudem als<br />

Klarinettistin in einem Jugendblasorchester aktiv. Sie treibt gern Sport, am liebsten Yoga, Joggen und Fahrrad<br />

fahren. Ihr Tag beginnt jeden Morgen um kurz nach halb sieben Uhr, nach dem Aufstehen und der Morgentoilette<br />

hat sie der Schulalltag bereits fest im Griff: Parallel zum Frühstück werden letzte Hausaufgaben<br />

erledigt, gegen 7.30 Uhr fährt sie auf ihrem Fahrrad zur Schule, in der ab 8.00 Uhr der Unterricht startet. Biologie,<br />

Englisch, Mathematik, Russisch, Kunst – die fachlichen Inhalte wechseln je nach täglichem Stundenplan.<br />

Zwischen den Unterrichtsstunden bleiben kurze Pausen, um mit Freunden und Freundinnen „zu quatschen“<br />

und eine Kleinigkeit zu essen. Zwischen 15.00 und 16.00 Uhr trifft Mathilda wochentags wieder zuhause<br />

ein, um sich kurz auf dem Sofa auszuruhen, den Tag Revue passieren zu lassen, die Zeitung zu lesen,<br />

eine Kleinigkeit zu essen und erste Hausaufgaben zu erledigen. Gegen 18.00 Uhr folgen Unterrichtsstunden<br />

in der Musikschule, im Chor oder die gemeinsamen Proben im Blasorchester. Zwischen 20.00 und 20.30 Uhr<br />

ist sie meist wieder zuhause, dann nimmt sie das Abendessen zusammen mit ihrer Mutter und den Brüdern<br />

ein. Anschließend erledigt sie weitere Hausaufgaben, übt mit der Klarinette, dazwischen sieht sie sich You-<br />

Tube-Videos an, WhatsAppt mit Freundinnen und Freunden und informiert sich über tagesaktuelle Ereignisse<br />

im Internet. Gegen 23.00 Uhr legt sie sich schlafen, meist nicht ohne vorher noch ein wenig in einem Belletristik-Buch<br />

gelesen zu haben.<br />

In ihren Tageseindrücken notiert Matilda sehr häufig, dass sie sich müde fühlt, manchmal sitzt sie gelangweilt<br />

in der Schule und kann nur mit Mühe dem Unterricht folgen. Gute Laune, Fröhlichkeit und Spaß hat sie<br />

dann, wenn sie selbst aktiv werden kann: In „lustigen“ Unterrichtsstunden, beim Klavier- und Klarinettenspiel,<br />

beim Joggen und wenn sie mit ihren Freundinnen unterwegs ist. Sie liebt es, nach der Schule mit einem<br />

Schokoladensnack kurz auf dem Sofa auszuruhen und „rumzudümpeln“, bevor sie sich ihren Nachmittagsverpflichtungen<br />

zuwendet. Auch die Wochenenden von Matilda sind regelmäßig durch schulische Lernaufgaben,<br />

Orchesterproben und -auftritte bestimmt. Zudem verbringt sie viel Zeit mit ihren Familienmitgliedern<br />

und Freunden, besonders wichtig sind ihr Gespräche und die gemeinsamen Mahlzeiten.<br />

3.2.2 Was passiert im familialen Alltag?<br />

Im Familienalltag bilden gemeinsame Mahlzeiten ein wichtiges Moment der Begegnung und für Gespräche. Die<br />

altersdifferenzierte Auswertung der AID:A I-Daten ergab, dass ca. 80 bis 85 % der 13- bis 17-Jährigen „fast<br />

immer“ gemeinsam mit ihren Eltern essen (Lange/Keller 2014, S. 17). Ein anderer bedeutsamer Moment in der<br />

Kernfamilie sind Freizeitaktivitäten der Jugendlichen mit ihren Eltern. Fast die Hälfte der 13- bis 17-jährigen<br />

Jungen und 59 % der Mädchen geben an, täglich bis mehrmals die Woche gemeinsame Aktivitäten zu erleben<br />

(Lange/Keller 2014, S. 18). Auf die Häufigkeit der Unternehmungen, so zeigt eine vertiefende Analyse, haben<br />

weder die Bildung der Eltern, die Beteiligung an der Erwerbsarbeit noch die Struktur der Familie (alleinerziehend,<br />

Paarfamilie) Einfluss. Stattdessen stehen – vorhersehbar – die Beziehungsqualität und – überraschenderweise<br />

– der Grad der Selbstständigkeit der Kinder in einem Zusammenhang mit der Häufigkeit der Familienaktivitäten.<br />

„Jugendliche, die sich als selbstständiger einschätzen, unternehmen mehr mit den Eltern“<br />

(Entleitner/Cornelißen 2012, S. 17); unter Umständen deshalb, weil sie gemeinsame Unternehmungen mit den<br />

Eltern als „bereichernder“ (ebd.) erleben.<br />

Empirische Befunde zu Freizeitorientierungen von 13-Jährigen und ihren Eltern zeigen, dass es im Horizont von<br />

Bildungsungleichheiten klare Differenzen in den Familien gibt: So hat Deppe sechs Typen von Freizeitorientierungen<br />

herausarbeiten können, die sich sehr deutlich nach der sogenannten „Schichtzugehörigkeit“ der Familien<br />

ausdifferenzieren ließen (vgl. Deppe 2012, S. 215ff.). Zudem finden sich klar typisierte Familien, bei denen<br />

entweder gemeinsame Unternehmungen im Kreise der Familienangehörigen im Zentrum stehen und darüber die<br />

Peers zurückgedrängt oder deren Bedeutung gar abgesprochen werden im Kontrast zu solchen Familien, in de-

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