02.02.2017 Aufrufe

Kinderund

1811050

1811050

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 351 – Drucksache 18/11050<br />

auf die interessenorientierte, jugendorientierte Gestaltung des möglichen Zusammenspiels unterschiedlicher<br />

Bildungs- und Erfahrungsräume in der Ganztagsschule (StEG-Konsortium 2010; Börner u. a. 2014).<br />

Unterschiede sind im Vergleich der Schülerinnen und Schüler der nicht-gymnasialen Schulen und den Gymnasien<br />

festzustellen. StEG unterscheidet – bezogen auf die 9. Jahrgangsstufe – u. a. zwischen den „geselligen“,<br />

den „wenig aktiven“ und den „bildungsorientierten“ Jugendlichen. Dabei zeigen sich z. T. deutliche Akzeptanzunterschiede.<br />

So weisen die eher „geselligen“ Jugendlichen den geringsten Akzeptanzgrad auf (Arnoldt u. a.<br />

2013, S. 22, unter Hinweis auf StEG-Konsortium 2010). Allein den Besuch einer Ganztagsschule als Beleg für<br />

eine positive Einstellung und Zufriedenheit zu nehmen, würde zu kurz greifen. Denn es gibt sehr verschiedene<br />

Gründe, warum Jugendliche eine Ganztagsschule besuchen. So ist die Teilnahme an Ganztagsangeboten im<br />

Rahmen einer gebundenen Ganztagsschule nicht zwingend von einer allgemeinen Zustimmung und einer positiven<br />

Wertschätzung Jugendlicher zur Ganztagsschule abhängig.<br />

Dabei kann es ein erheblicher Unterschied sein, ob die Teilnahme durch den Jugendlichen selbst entschieden<br />

wurde oder eher von den Eltern gewollt ist. So dürfte v. a. in den unteren Jahrgangsstufen 5 und 6 (10- bis 12-<br />

Jährige) eher noch die elterliche Entscheidung für den Besuch einer Ganztagsschule ausschlaggebend sein, weil<br />

der Betreuungsaspekt aus ihrer Sicht noch überwiegt. Ab der Jahrgangsstufe 7, also etwa mit dem 13. Lebensjahr,<br />

verändert sich diese Haltung der Eltern und die Entscheidung wird eher vom Jugendlichen selbst getroffen.<br />

Dies zeigt sich auch in den Äußerungen der Schülerinnen und Schüler, von denen nur noch 27 Prozent in der 5.<br />

Klasse, 21 Prozent in der 7. Klasse und elf Prozent in der 9. Klasse ihre Teilnahme mit dem Hinweis auf die<br />

Berufstätigkeit der Eltern begründen (vgl. StEG-Konsortium 2010). In den älteren Jahrgangsstufen sind hingegen<br />

oftmals ganz persönliche Vorstellungen des Jugendlichen für den Besuch ausschlaggebend. Dies machen<br />

v. a. die in der StEG-Befragung gefragten Jugendlichen deutlich, die keine Ganztagsschule besuchen wollen.<br />

Sie geben als Gründe u. a. an, dass sie „keine Unterstützung brauchen“, „weil sie mit Freunden den Nachmittag<br />

verbringen wollen“, „weil sie keinen Ganztag wollen“ oder auch, „weil sie den Nachmittag lieber für sich haben<br />

wollen“. Während die jüngeren Jugendlichen die Ganztagsschule für sich durchaus als einen Ort neuer Lernchancen<br />

und erweiterter kommunikativer Möglichkeiten unter Gleichaltrigen betrachten (Börner u. a. 2014;<br />

StEG-Konsortium 2013; Arnoldt u. a. 2013), sieht ein Teil der älteren Jugendlichen diese offenbar eher mit<br />

Skepsis und wachsender Distanz (vgl. Haenisch 2014).<br />

Entsprechend zeigt sich auch, dass ältere Jugendliche vielfältige Freizeitoptionen außerhalb der Schule denen in<br />

der Schule vorziehen (Soremski 2013; StEG-Konsortium 2010). Sie sehen oftmals den Ganztag als „Freizeitkiller“<br />

(Soremski 2013), der ihnen viel Zeit für eigene Planungen und Wünsche nimmt, die für sie bedeutsamer<br />

sind. Fragt man Jugendliche, die nicht oder nicht mehr am Ganztag teilnehmen, was ihr Motiv für die Nichtteilnahme<br />

bzw. ihr Ausscheiden ist, geben diese hierfür als Gründe oftmals „zu wenig Zeit für Freunde“, „bin alt<br />

genug, um den Nachmittag allein zu gestalten“ oder auch „Langeweile“ bzw. „mir gefallen die Angebote nicht“<br />

an. Hierbei unterscheiden sich einige Angaben durchaus altersspezifisch: Von älteren Schülerinnen und Schülern<br />

wurden als Grund für das Beenden der Ganztagsschulteilnahme vor allem die Angaben „Angebote gefallen<br />

nicht“ (5. Klasse: 38 %, 7. Klasse: 52 %, 9. Klasse: 57 %) und „keine Lust mehr“ (5. Klasse: 44 %, 7. Klasse:<br />

63 %, 9. Klasse: 73 %) häufiger genannt als von den jüngeren Schülerinnen der 5. Klasse (Prozentanteil der<br />

Nennungen „eher wichtiger“ und „sehr wichtiger Grund“; StEG-Konsortium 2010, eigene Berechnungen).<br />

Ob und inwieweit der Ganztag Jugendlichen in der Wahrnehmung ihrer außerschulischen Aktivitäten Grenzen<br />

setzt und dadurch negativ wirkt, dürfte individuell sehr verschieden sein. Vorliegende Hinweise scheinen jedenfalls<br />

kaum Unterschiede zwischen Jugendlichen in Halbtags- und Ganztagsschulen in ihrem Zeitbudget zu belegen<br />

und deuten darauf hin, dass Bedürfnisse, z. B. Vereinsaktivitäten etc. nicht zurückgestellt werden müssen<br />

(vgl. Züchner/Arnoldt 2011; Arnoldt u. a. 2013). Das bedeutet aber nicht, dass der Besuch einer Ganztagsschule<br />

keine zeitlichen Engpässe produziert, durch die sich Jugendliche in ihren Handlungsoptionen eingeschränkt<br />

fühlen. Das gilt auch dann, wenn durchaus eine positive Einstellung zum Besuch einer Ganztagsschule gegeben<br />

ist.<br />

Besonders bedeutsam scheint es für Jugendliche zu sein, sich in der Schule auch wohlzufühlen. So zeigt die<br />

Schülerbefragung im Rahmen von StEG, dass Jugendliche jüngeren Alters sehr häufig positive Bewertungen<br />

abgeben und mit dem Besuch der Ganztagsschule auch ihr Wohlbefinden (Spaß haben; Sich-gut-fühlen; mit<br />

Gleichaltrigen zusammen zu sein u. a.) – bei vorgegebenen Antworten – überdurchschnittlich gut beschreiben<br />

(bei einer Skala von 1 bis 4). Aber auch die Befragung von Jugendlichen der Klassen 9, die weiterhin an einer<br />

Ganztagsschule teilnehmen, zeigen immer noch positive Werte, da deren Einstellungen zu „mehr Freizeit ha-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!