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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 323 – Drucksache 18/11050<br />

Internetcafé (Ost: 44 %, West: 65 %, vgl. Seckinger u. a. 2016a). Aus der vorliegenden Studie geht jedoch nicht<br />

hervor, wozu das Internet genutzt wird. Einen Hinweis liefert die Abfrage nach medienpädagogischen Angeboten;<br />

diese werden von 40 Prozent der Einrichtungen zur Verfügung gestellt – mit signifikanten Unterschieden<br />

zwischen Ost und West und Stadt und Land (Ost: 28 %, West: 46 %; Stadt: 50 %, Land: 33 %). Die konkrete<br />

inhaltliche Ausrichtung der Angebote bleibt offen.<br />

Im Rahmen der (e)Partizipation zeigt sich bereits, dass die Schnittmengen und Überlappungen zwischen Onund<br />

Offline-Räumen Jugendlicher vielfältig sind. Dies hat Auswirkungen auf ein weiteres Feld der Jugendhilfe:<br />

die mobile Jugendarbeit. Jugendliche sind nicht nur häufiger unterwegs, sie nutzen Treffpunkte auch flexibler<br />

(Bollig/Keppeler 2015; Fuchs/Goldoni 2011), zudem gewinnen die Online-Räume selbst für sie auch an Attraktivität<br />

und zwar umso mehr, je weniger öffentliche Orte ihnen zur Verfügung stehen (vgl. Abs. 4.2). Diesen<br />

neuen Entwicklungen trägt die mobile Jugendarbeit durch die virtuell-aufsuchende Arbeit Rechnung, indem sie<br />

versucht, zwischen den virtuellen und den lokalen Räumen zu vermitteln (Bollig 2009). Die pädagogischen<br />

Fachkräfte bieten niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten an, suchen Anschluss an Gruppenaktivitäten und<br />

gruppendynamische Prozesse Jugendlicher z. B. in Sozialen Netzwerken und halten darüber auch Kontakt zu<br />

ihren Adressatinnen und Adressaten. Aktuell diskutiert werden Standards und Qualitätskriterien (Bollig/Keppeler<br />

2015, S. 103), die insbesondere auch Aspekte zur Datensicherheit reflektieren, da sich Jugendliche<br />

und somit auch die Fachkräfte mit Vorliebe in kommerziell betriebenen Räumen aufhalten (vgl. Abs. 4.2). Auch<br />

zeigt sich, dass die Rundum-Verfügbarkeit der Fachkräfte eine besondere Herausforderung darstellt und zum<br />

Schutz der Adressatinnen und Adressaten sowie der Organisation klare Richtlinien (z. B. in Form einer Social<br />

Media Policy) und eine engere Verknüpfung sozial- und medienpädagogischen Wissens benötigt wird. Sinnvoll<br />

erscheint im Zuge dessen ebenfalls, virtuell aufsuchende Angebote verstärkt in Organisationsentwicklungsprozesse<br />

einzubinden (Bollig/Keppeler 2015).<br />

Ein weiteres, damit eng verknüpftes Praxisfeld der Jugendhilfe stellt die Online-Beratung und -Unterstützung<br />

Jugendlicher dar. Erstmals beleuchtet wurde die Onlineberatung im Kontext des Leistungsspektrums der modernen<br />

Kinder- und Jugendhilfe im 14. Kinder- und Jugendbericht (vgl. Deutscher Bundestag 2013, S. 304ff.),<br />

hier wurden bereits Forderungen nach einem Ausbau und einer Finanzierungssicherheit formuliert. Der Bedarf<br />

ist weiterhin vorhanden, denn für 90 Prozent der Jugendlichen stellt das Internet das am besten geeignete Medium<br />

dar, um in konkreten Problemsituationen schnell Informationen zu suchen (Hasebrink 2011, S. 253). In einer<br />

weiteren Studie wird ergänzt, dass mehr als 40 Prozent der Jugendlichen weitgehend unabhängig von Bildung<br />

und Geschlecht im Internet nicht nur sachliche Information, sondern auch professionelle Hilfe oder den Rat<br />

anderer Jugendlicher suchen (Klein 2008, S. 17). Die beiden größten deutschsprachigen Online-Beratungsangebote<br />

für Kinder und Jugendliche (www.kids-hotline.de und www.bke-sorgenchat.de) hatten Anfang 2014<br />

zusammen etwa 80.000 registrierte Nutzer und Nutzerinnen (Klein 2015, S. 130). Explizit an Jugendliche richten<br />

sich „juuuport“, die „Selbstschutz-Plattform von Jugendlichen für Jugendliche im Web“ (www.juuuport.de)<br />

und das im Juni 2016 gelaunchte „Rat- und Hilfesystem für Jugendliche“ (www.jugend-support.de), in das Beratungspartner<br />

und -partnerinnen wie die „Nummer gegen Kummer e. V.“ und der Verein „juuuport“ eingebunden<br />

sind. Klein hebt – bezogen auf die vorliegenden Studien zu selbst organisierter Unterstützung im Internet<br />

(auch von Erwachsenen) – vor allem den wechselseitigen Austausch unter Betroffenen bzw. Interessierten und<br />

den darin enthaltenen emotionalen Rückhalt hervor und erkennt Anzeichen einer neuen Qualität internetbasierter<br />

Selbsthilfe (Anonymität, asynchrone und öffentliche Dokumentation der Kommunikation, verschiedene<br />

Beteiligungsoptionen), die zur Kompensation von Diskriminierung und fehlender oder als unangemessen empfundener<br />

Unterstützung außerhalb des Internets beitragen kann (ebd., S. 135). Sie findet allerdings auch Nachweise<br />

dafür, dass die Unterstützung weiterhin durch informelle Ordnungsmuster von deutungsmächtigen Akteuren<br />

bzw. mehrheitsfähigen Interessen beschränkt wird (ebd., S. 136). Für Jugendliche liefert das virtuelle Beratungsangebot<br />

aus ihrer Sicht grundsätzlich erweiternde Alternativen zur realweltlichen Unterstützung, denn bei<br />

einigen Jugendlichen stellt es auch eine exklusive Unterstützungsressource dar: So geben in einer Befragung<br />

400 Nutzerinnen und Nutzer der Beratungsplattform kids-hotline an, dass sie keine Ansprechpartnerinnen oder<br />

Ansprechpartner außerhalb des Internet hätten und nur vier bzw. acht Prozent der Befragten konnten auf eine<br />

Beratungsstelle bzw. sozialpädagogisch professionell Tätige zurückgreifen. Mehr als zwei Drittel der befragten<br />

Jugendlichen geben an, dass sie die Probleme nicht außerhalb des Internet besprechen können oder wollen<br />

(Klein 2008, S. 350, 361ff.). Neben dem niederschwelligen Zugang schätzen die Nutzenden vor allem das angebotene<br />

Spektrum an sozialen Unterstützungsoptionen. Sie nehmen nicht nur die Hilfe der Fachkräfte in Anspruch,<br />

sondern lesen insbesondere auch gern Beiträge anderer und lassen sich durch Jugendliche beraten (ebd.).<br />

In der Studie wird allerdings auch deutlich, dass spezifische mediale Zugangs- und Nutzungsbarrieren wie die

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