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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 482 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Dazu gehört für die Kinder- und Jugendarbeit, dass sie mit ihren offenen, selbst organisierten und wenig vorbestimmten<br />

Angeboten und Räumen an den Bedürfnissen und Interessen Jugendlicher ansetzt, zur Mitwirkung<br />

anregt und vielfältige Formen der Verantwortungsübernahme eröffnet. In diesem Kontext sollte die Kinder- und<br />

Jugendarbeit sich als Ort der Aneignung sozialer, (medien-)kultureller und politischer Kompetenzen in den<br />

Sozialräumen weiter profilieren und damit die Bereitschaft Jugendlicher, Verantwortung zu übernehmen, zu<br />

einem zentralen Baustein ihrer Arbeit machen.<br />

Politische Bildung in der Kinder- und Jugendarbeit hat sehr viel mit Interessenvertretung und Verantwortungsübernahme<br />

sowie mit demokratischen Auseinandersetzungen und dem Einstehen für Entscheidungen zu tun.<br />

Derartige Prozesse und Erfahrungen haben zugleich eine große Bedeutung für die Selbstpositionierungs- und<br />

Verselbstständigungsprozesse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Zum einen bieten sie Gelegenheiten<br />

zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen, zu demokratischer Teilhabe und auch zu Erfahrungen<br />

in der Vertretung eigener Interessen und/oder Interessen Dritter im Sinne demokratischer Grunderfahrungen,<br />

zum anderen erleben sie dabei selbst einen hohen Grad an Nützlichkeit und gesellschaftlicher Relevanz<br />

ihres Engagements. Junge Menschen können sich über diese Wege am ehesten zu eigenverantwortlichen und<br />

selbstbestimmten Persönlichkeiten entwickeln.<br />

Diese Erfahrungen von Verantwortungsübernahme, Mitbestimmung und Lernen in Ernstsituationen sind zentrale<br />

Bausteine einer politischen Bildung Jugendlicher, die sich nicht auf Wissensvermittlung beschränkt. So kann<br />

Kinder- und Jugendarbeit direkt an der demokratischen Gestaltung des Gemeinwesens mitwirken, Jugendliche<br />

„mitnehmen“ und zur Mitwirkung befähigen. Handlungsoptionen zu entwickeln und zu erfahren, bedeutet aber<br />

auch, den „Ernstcharakter“ durch eine aktive politische Partizipation und Interessenvertretung auch gegenüber<br />

der Politik durchzusetzen und sich einzumischen in konkrete lokale Entscheidungsprozesse, die die Lebenslagen<br />

Jugendlicher und ihre Alltagsbedingungen des Aufwachsens direkt betreffen.<br />

‣ Die sozialpolitische Verantwortung der Kinder- und Jugendarbeit<br />

Jugendliche, die in prekären sozialen Verhältnissen aufwachsen, bedürfen nachhaltiger Förderung<br />

und Unterstützung. Mit den daraus entstehenden Bedarfen sieht sich auch ein Teil der Kinder- und<br />

Jugendarbeit konfrontiert, neben der mobilen Jugendarbeit insbesondere die beruflich organisierte<br />

Offene Kinder- und Jugendarbeit. Zum Tragen kommen dabei vor allem die präventiven und sozialintegrativen<br />

Potenziale der Kinder- und Jugendarbeit. Zugleich entstehen auf diese Weise neue<br />

Berührungspunkte und Schnittstellen zwischen der Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit,<br />

die im Lichte der sozial- und bildungspolitischen Gesamtverantwortung der Kinder- und<br />

Jugendhilfe für das Aufwachsen von jungen Menschen neuen Klärungs- und Verständigungsbedarf<br />

aufwerfen. Die unterschiedlichen Formate der Kinder- und Jugendarbeit müssen in diesem<br />

Zusammenhang ihre eigenen Möglichkeiten und Grenzen im Umgang mit dieser sozialpolitischen<br />

Verantwortung jeweils für sich ausloten. In Anbetracht einer wachsenden gesellschaftlichen Heterogenität<br />

und Vielfalt werden die Erwartungen an die Kinder- und Jugendarbeit in dieser Hinsicht<br />

eher zunehmen.<br />

Zu den Veränderungen des Aufwachsens Jugendlicher zählt nicht nur eine zunehmende Scholarisierung des<br />

Jugendalters, sondern auch die zunehmende Herausforderung an alle Heranwachsenden, sich in dieser Gesellschaft<br />

zurechtzufinden, sich die notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen und sich sozial zu integrieren.<br />

Dies gelingt vielen, aber längst nicht allen. Die Kinder- und Jugendarbeit hat in dieser Hinsicht mit ihrer<br />

Ausrichtung an Peerkulturen unterschiedliche und zusätzliche Möglichkeiten, junge Menschen bei diesen Herausforderungen<br />

zu unterstützen. Sie bewegt sich dabei in einem Verantwortungsbereich – über die advokatorische<br />

Rolle als Anwalt für diese Jugendlichen hinaus –, der ihr auch Möglichkeiten der Mitgestaltung des Alltagslebens<br />

benachteiligter junger Menschen eröffnet.<br />

Unübersehbar steht Kinder- und Jugendarbeit dabei vor der Herausforderung, sich in Anbetracht der damit an<br />

sie herangetragenen gesellschaftlichen Erwartungen zu fragen, wie sie sich derartigen sozialintegrativen Aufgaben<br />

stellt. Dies ist, nicht nur für die beruflich ausgerichtete offene Kinder- und Jugendarbeit, seit jeher ein integraler<br />

Teil ihres Selbstverständnisses, vielmehr nimmt auch im Zuge inklusiver und diversitätsorientierter Konzepte<br />

in vielen projektförmig ausgerichteten Teilen der Kinder- und Jugendarbeit der Umgang und die Ausrichtung<br />

auf benachteiligte Jugendliche in prekären Lebensverhältnissen zu.<br />

In diesem Sinne werden die Übergänge der Kinder- und Jugendarbeit zur Jugendsozialarbeit fließender, wird<br />

zunehmend unklar, wo Jugendarbeit aufhört und Jugendsozialarbeit anfängt. Obgleich dabei üblicherweise die

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