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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 65 – Drucksache 18/11050<br />

sonst gehören Stichworte wie Selbstorganisation, Partizipation und Verantwortungsübernahme unter Gleichaltrigen<br />

zu den zentralen Leitbegriffen des Feldes.<br />

Zugleich deuten empirische Befunde darauf hin, dass das Feld in Bezug auf die Strukturen, Angebote und Inhalte<br />

nicht nur in sich sehr heterogen geworden ist, sondern dass es sich auch neuen Spannungsfeldern und Herausforderungen<br />

gegenüber gestellt sieht. Die Bedingungen dieser Entwicklung sind vielfältig: Sie liegen u. a. in der<br />

Ausweitung der Schule und den damit verbundenen Veränderungen des Schulalltags, aber auch in der Vervielfältigung,<br />

Pluralisierung, Mediatisierung und Kommerzialisierung jugendlicher Lebens- und Freizeitwelten,<br />

dank derer junge Menschen weitaus mehr leicht erreichbare und für sie attraktive Angebote vorfinden. Vor diesem<br />

Hintergrund zieht der vorliegende Jugendbericht eine empirisch gestützte Bilanz der Kinder- und Jugendarbeit<br />

und verweist auf die aktuellen Herausforderungen und die besonderen Spannungsfelder.<br />

Infrastruktur der Kinder- und Jugendarbeit: heterogene Entwicklungen<br />

Mit Blick auf die Infrastruktur der Kinder- und Jugendarbeit sind für die Bundesrepublik Deutschland uneinheitliche<br />

Entwicklungen zu konstatieren. Insbesondere in den westdeutschen Bundesländern, in denen die absolute<br />

Zahl der Einrichtungen gesunken ist, zeichnen sich Schrumpfungstendenzen ab. Wird die Zahl der Einrichtungen<br />

in Beziehung sowohl zur Zahl der jungen Menschen als auch zur Gebietsgröße gesetzt, bestätigt sich<br />

dieser Rückgang. Mit anderen Worten: Es ist eine räumliche Ausdünnung der Angebote der Kinder- und Jugendarbeit<br />

zu beobachten, sodass sie tendenziell weniger präsent und schlechter erreichbar sein dürfte. In den<br />

ostdeutschen Bundesländern zeigt sich dagegen ein Anstieg, der jedoch nicht auf einen Ausbau an Einrichtungen,<br />

sondern vor allem auf den demografisch bedingten Rückgang der Zahl junger Menschen zurückzuführen<br />

ist.<br />

Kontinuierliche Rückgänge sind auch beim berufstätigen Personal der Kinder- und Jugendarbeit in Ost- wie in<br />

Westdeutschland festzustellen. Auch wenn nicht alle Angebote der Kinder- und Jugendarbeit – zu denen beispielsweise<br />

die Mobile Jugendarbeit ebenso zählt wie die gruppenbezogene konfessionelle Jugendverbandsarbeit<br />

– statistisch vollständig erfassbar sind, deuten diese Zahlen zu Einrichtungen und Personal insgesamt dennoch<br />

unübersehbar auf Schrumpfungstendenzen hin.<br />

Im Gegensatz dazu stehen die seit Jahren steigenden Ausgaben für die Kinder- und Jugendarbeit. Dafür dürften<br />

unterschiedliche Entwicklungen verantwortlich sein. Neben Tarifsteigerungen und Inflationsausgleich muss<br />

davon ausgegangen werden, dass ein Teil der zusätzlich hinzugekommenen Ausgaben für die Nachmittagsbetreuung<br />

für Schülerinnen und Schüler in den Berechnungen enthalten ist. Zudem sind im Bereich der Jugendsozialarbeit<br />

höhere Ausgabensteigungen als in den Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit zu verzeichnen.<br />

Inwiefern sich darin eine schleichende Verschiebung der Infrastruktur zugunsten der Jugendsozialarbeit und den<br />

schulbezogenen Nachmittagsangeboten abzeichnet, muss weiter beobachtet werden.<br />

Die Kinder- und Jugendarbeit bleibt relevant<br />

Trotz quantitativer Einschränkungen bleibt die Kinder- und Jugendarbeit im Aufwachsen vieler junger Menschen<br />

bedeutsam. So erreicht die Jugendverbandsarbeit – wenn man die Sportvereine mit einbezieht – einen<br />

erheblichen Teil der Jugendlichen. Aber auch ohne den Sport errechnen sich Quoten von bis zu 30 Prozent.<br />

Etwa die Hälfte der Jugendlichen im Alter von zwölf bis 15 Jahren nimmt an Ferienfreizeiten teil, und ungefähr<br />

zehn Prozent aller Jugendlichen besuchen regelmäßig ein Jugendzentrum. Beachtlich ist auch die Zahl der Jugendlichen,<br />

die sich ehrenamtlich betätigen. Angesichts des Wandels der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

erreicht die Kinder- und Jugendarbeit damit vergleichsweise immer noch am ehesten einen wichtigen Teil<br />

der Jugendlichen. Diese schätzen sie ganz offenbar als einen Ort, an dem sie sich einbringen und an deren Gestaltung<br />

sie eigenverantwortlich mitwirken können.<br />

Junge Menschen, die die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit nutzen, präferieren daran vor allem die soziale<br />

Funktion – „Freunde treffen“ oder „Leute kennenlernen“ – , wobei selbst organisierte Aktivitäten eine besondere<br />

Rolle spielen. Zudem stellen die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit – insbesondere im freiwilligen Engagement<br />

– einen vielfältigen Möglichkeitsraum für Lern- und Bildungsprozesse Jugendlicher dar.<br />

Nur wenige gesicherte Befunde existieren zur Frage, warum die Angebote dennoch einen erheblichen Teil der<br />

Jugendlichen nicht erreichen. Erkennbar sind jedoch soziale Unterschiede: Sozialstrukturelle und soziodemografische<br />

Merkmale wie sozialer Status, Migration und Geschlecht, aber auch der Wohnort beeinflussen das Zu-

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