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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 292 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

ren, geben deren innere Monologe wieder und erzählen in eigenen Videos die Geschichte der Figuren oder erweitern<br />

die Quellcodes der Spielsoftware und erschaffen gänzlich neue Charaktere („Modding“, vgl. Abs.<br />

4.2.5).<br />

Für die Zuschauenden ist vor allem die Kommentierung des Spiels durch eine Person (93,5 %) und die Gestaltung<br />

der Videos (77,5 %) bedeutsam. Das spielerische Können ist eher nachrangig (31,4 %) (Biermann/Becker<br />

2016). Im Mittelpunkt steht für sie die Individualität des Players oder der Playerin (ebd.; Tilgner 2016; Wimmer<br />

2016). Weiterhin von Relevanz ist die Interaktion zwischen den Spielenden und dem Publikum, die sich vor<br />

allem auf Vorschläge zu Spielen für bevorstehende Let’s Plays bezieht und über Kommentarfelder, Websites<br />

und in Online-Foren stattfindet. Das gemeinsame Spielerleben eröffnet den Zuschauenden darüber hinaus neue<br />

Wege der Vergemeinschaftung und des Fantums. Grundlegendes technisches Wissen und Können sind allerdings<br />

Voraussetzung dafür, dass produktiv „mitgespielt“ werden kann. Die Fans unterstützen sich hier durch<br />

Online-Tutorials (Tilgner 2016).<br />

Die inzwischen kontinuierliche Verbreitung und Akzeptanz der Let´s Play-Videos unter Jugendlichen wird mittlerweile<br />

von Spieleproduktionsfirmen auch mit Sorge betrachtet. Befürchtet werden ein Einflussverlust an Marke<br />

und Gewinne. Seit immer mehr Let`s Player und Let`s Playerinnen an den Werbespots vor und während der<br />

Videos verdienen, werden von den Produktionsfirmen zusehends mehr Videos und Kanäle gesperrt und gelöscht.<br />

Da diese Löschaktion für die Produktionsfirmen auch einen Imageschaden bewirken kann, bietet ein<br />

Unternehmen den „Vloggenden“ seit 2015 einen Vertrag an: Wenn die Videos im Vorfeld von der Firma geprüft<br />

wurden, können sie veröffentlicht und die Spielenden anteilig an den erzielten Werbeeinnahmen beteiligt<br />

werden. Neben den Produktionsfirmen meldet nun auch die GEMA Ansprüche an. Der Rollenwechsel zu den<br />

Produzierenden konfrontiert Jugendliche somit auch mit neuen Herausforderungen. Digitale Grenzarbeit fordert<br />

ihnen nicht nur sozial- und medienkompetentes Handeln ab, sondern setzt immer häufiger auch zunehmende<br />

Kenntnisse der Rechtsprechung voraus.<br />

4.2.5 Modding und Hacking<br />

Modding und Hacking verbindet, dass über diese Aktivtäten nicht nur manipulativ in Medieninhalte, Lesarten<br />

und Handlungsmuster eingegriffen wird, sondern dass das Medium bzw. der Code selbst verändert wird und<br />

neue Anwendungen, vor allem fern des Mainstreams, realisiert werden.<br />

4.2.5.1 Modding<br />

Beim Modding wird z. B. ein bereits veröffentlichtes digitales Spiel im Hinblick auf Levelstrukturen, Figuren,<br />

Items, Sounds oder Regelwerke erweitert und umgestaltet. Diese Eingriffe werden als Mods (Modification)<br />

bezeichnet. Differenziert wird zwischen Mods, die dem Spiel neue Inhalte hinzufügen, die das Originalprogramm<br />

aber weitgehend intakt lassen („Partial Conversions“) und Mods, die das komplette Szenario eines<br />

Spiels und ggf. auch die zentralen Gameplay-Aspekte grundlegend verändern („Total Conversions“) (Beil<br />

2014). Die Modifikationen können mit gängigen Bildbearbeitungsprogrammen oder Editoren erfolgen, die teils<br />

nur rudimentäre Vorkenntnisse im Bereich des Game-Designs voraussetzen und bereits einem Spiel beigefügt<br />

sind oder kurz nach der Veröffentlichung als Download angeboten werden. Der Spielraum an Änderungsmöglichkeiten<br />

bzw. die „Skripte der Partizipation“ (Akrich 2006) fallen unterschiedlich aus. Neben größtmöglichen<br />

(technischen) Freiheiten wie beim Spiel „Minecraft“, wo das stetige Editieren der Spielewelt zum eigentlichen<br />

Spielprinzip erhoben wurde, stehen populäre Editorenkonzepte, die begrenztere Varianten des Moddings erlauben<br />

(Beil 2014).<br />

Die Entwickler und Entwicklerinnen von Modifikationen werden Modder oder Modderinnen genannt. Sie engagieren<br />

sich in ihrer Freizeit allein oder in einer Gruppe, in der sie kollaborativ über große Distanzen hinweg<br />

bzw. länderübergreifend online zusammenarbeiten. Einzelne Websites gelten als Knotenpunkte der Szene (Unger<br />

2014). Repräsentative Zahlen über die Szene liegen bislang nicht vor. Vorsichtige Schätzungen (Sotamaa<br />

2007; Behr 2008, 2010) verweisen darauf, dass die Szene männlich dominiert ist. Die jüngsten Modder und<br />

Modderinnen sind ca. 14 Jahre alt und modden in der Regel allein; dominiert wird die Szene von eher älteren<br />

Jugendlichen zwischen 18 und 28 Jahren. Diese verfügen meist über hohe Bildungsabschlüsse. Der Zugang zur<br />

Szene erscheint insgesamt eher hochschwellig: Die Beherrschung der englischen Sprache und technische sowie

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