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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 415 – Drucksache 18/11050<br />

zweitens vonseiten junger Menschen, die sich im Kontext der Kinder- und Jugendarbeit engagierten und dieses<br />

Engagement nicht nur bestätigt, sondern auch anderenorts anerkannt haben wollten, und schließlich im Gefolge<br />

davon drittens vonseiten jener Institutionen, von denen man erwartete, dass sie das Engagement in der <strong>Kinderund</strong><br />

Jugendarbeit würdigen und ggf. mit Vorteilen verbinden – z. B. in Form einer Anrechnung von Voraussetzungen<br />

für einschlägige Ausbildungen oder das Studium. Viertens gab es seit dem Jahr 2000 eine Reihe europäischer<br />

Initiativen, die neben der Betonung formaler Bildung auf eine Förderung, Anerkennung und Sichtbarmachung<br />

des non-formalen und des informellen Lernens als eine Bedingung für die Wettbewerbsfähigkeit der<br />

Mitgliedstaaten der EU setzten. So hatte z. B. die 2009 vom Jugendministerrat der Europäischen Union verabschiedete<br />

sogenannte EU-Jugendstrategie zum Ziel, die Chancengleichheit für junge Menschen sowie das gesellschaftliche<br />

Engagement, die soziale Eingliederung und die Solidarität aller jungen Menschen zu fördern. In<br />

diesem Zusammenhang strebte die EU-Jugendstrategie an, dass die Mitgliedsstaaten im Bildungsbereich Initiativen<br />

zur Förderung der Entwicklung der Jugendarbeit und anderer non-formaler Lernangebote auf den Weg<br />

brachten (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union 2009).<br />

Nicht minder von Bedeutung war schließlich die Entwicklung eines Deutschen Qualifikationsrahmens<br />

(DQR) 105 , die wiederum nur im Horizont der europäischen Bemühungen um einen sogenannten Europäischen<br />

Qualifikationsrahmen (EQR) 106 verständlich ist. Dessen Ziel ist es, in der EU nationale Qualifikationssysteme<br />

vergleichbar zu machen, was für Länder, in denen es keine dem deutschen System vergleichbaren Formen der<br />

beruflichen Bildung gibt, von großer Bedeutung ist. Funktion des EQR soll es sein, Qualifikationsniveaus verschiedener<br />

Mitgliedstaaten sowie unterschiedlicher Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, also<br />

vorrangig formale Bildungsangebote, miteinander vergleichen zu können. Im Zusammenhang mit der Diskussion<br />

um die Sichtbarmachung und Anerkennung non-formalen und informellen Lernens und Bildung spielt diese<br />

Bemühungen insofern eine Rolle, als intensiv darüber diskutiert wird, ob und wenn ja, anhand welcher Kriterien<br />

non-formales und informelles Lernen an den DQR Anschluss finden kann (zum aktuellen Stand vgl. UNESCO<br />

Institute for Lifelong Learning/Centre for the Development of Vocational Training 2015; Sekretariat der ständigen<br />

Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2012). 107<br />

Aus diesen, in vielen Aspekten ambivalenten und widersprüchlichen Prozessen und Interessen entwickelten sich<br />

in den letzten 15 Jahren nicht nur kontrovers geführte Debatten mit zum Teil sehr unübersichtlichen und wechselnden<br />

Frontlinien, sondern mittlerweile entstand auch ein breites Spektrum von Verfahren, die versuchen,<br />

non-formale und – zu Teilen – informelle Bildungsprozesse im Kontext der Kinder- und Jugendarbeit sichtbar<br />

zu machen und die Voraussetzungen für deren Anerkennung zu schaffen. 108<br />

Versucht man diese ein wenig zu sortieren (vgl. zum Folgenden Baumbast u. a. 2014, S. 41ff.), lassen sich derzeit<br />

vier Formate unterscheiden:<br />

(1) Die Teilnahmebestätigung ist eine Bescheinigung darüber, dass man an einer Maßnahme der Kinder- und<br />

Jugendarbeit, wie beispielsweise einem Kurs, einer Tagung, einer Weiterbildung, einer internationalen Begegnung<br />

oder einem Fachkräfteaustausch teilgenommen hat. Dahinter steht nicht selten die implizite Annahme,<br />

dass die Teilnahme zum Erwerb spezifischer Kompetenzen führt bzw. die angestrebten Lern- und<br />

Bildungsprozesse ermöglicht hat. Diese Bestätigung wird meist vom Träger bzw. Veranstalter ausgestellt<br />

und enthält üblicherweise sowohl Angaben zum Träger, zum Teilnehmenden sowie zum Thema der Veranstaltung.<br />

(2) Einen Schritt weiter gehen Engagementnachweise. Über die reine Teilnahmebestätigung hinaus enthalten<br />

diese eine – wie auch immer geartete – Darstellung der wahrgenommenen Aufgaben und gegebenenfalls<br />

eine Beschreibung der (vermutlich) erlernten Kompetenzen, ohne dass diese jedoch in einem Dialogverfahren<br />

festgestellt wurden. Der wesentliche Unterschied zum Erstgenannten besteht – zugespitzt formuliert –<br />

darin, dass die Teilnahmebestätigung beschreibt, was angeboten wurde, der Engagementnachweis dokumentiert,<br />

welche Tätigkeit eine Teilnehmerin bzw. ein Teilnehmer während eines Angebotes ausgeübt und<br />

was sie dadurch ggf. gelernt hat.<br />

105<br />

106<br />

107<br />

108<br />

Vgl. http://www.dqr.de/ [19.10.2016].<br />

Vgl.z. B. http://www.cedefop.europa.eu/de/events-and-projects/projects/european-qualifications-framework-eqf [19.10.2016].<br />

Vgl. auch http://www.dqr.de/content/2321.php; http://www.dqr.de/content/2453.php [19.10.2016].<br />

Im Folgenden wird dieses vonseiten der EU eingeführte begriffliche Dual von Sichtbarmachung und Anerkennung non-formaler und informeller<br />

Lern- und Bildungsprozesse übernommen. Der Grund dafür ist einfach: Der Sache nach handelt es sich um zwei verschiedene Prozesse<br />

bzw. zugrunde liegende Verfahren, sodass es aus Gründen der Versachlichung ratsam erscheint, präzise zwischen Verfahren der Sichtbarmachung<br />

und der Anerkennung und zu unterscheiden.

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