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Kinderund

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Drucksache 18/11050 – 96 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

lichen – und damit der nachfolgenden Generation – könne nicht ausreichen, um im „globalisierten“ Wettbewerb<br />

mitzuhalten.<br />

In diesen Szenarien wird aber kaum thematisiert, wie und warum Jugend in unserer Gesellschaft sozial hergestellt<br />

wird. Es werden nicht differenziert die generationale Lage und das soziale und institutionelle Gefüge analysiert,<br />

die den Lebensalltag, die Lebenslagen und die Handlungsspielräume Jugendlicher gestalten und über die<br />

sie durch ganz unterschiedliche Organisationsformen – Familien, Bildungseinrichtungen, Medien, Soziale<br />

Dienste, Verbände – in unsere Gesellschaft integriert werden. Welche alltägliche Bedeutung diesem institutionellen<br />

Gefüge für die Jugendlichen zukommt, wird so nur begrenzt wahrgenommen. Letztlich werden die Leistungen<br />

und die gegenwärtigen sozialen Herausforderungen von Jugendlichen und der diese begleitenden sozialen<br />

Institutionen für die gesellschaftliche Integration dadurch kaum gewürdigt und empirisch eingeordnet.<br />

Übergangen werden so empirisch-fundierte Antworten auf die Fragen, wie Jugend durch das soziale und institutionelle<br />

Gefüge und die politischen und rechtlichen Regulationen in unserer Gesellschaft sozial ermöglicht wird,<br />

wie Jugendliche dieses selbst mitgestalten und wie die sozialstrukturellen Unterschiede und Bedingungen in der<br />

generationalen Lage Jugendlicher gegenwärtig beschrieben werden können.<br />

Jugend wird in diesem Jugendbericht als Integrationsmodus unserer Gesellschaft (vgl. Abs. 1.2) angesehen, über<br />

den die jungen Menschen in ihrer generationalen Lage in ein Verhältnis zur Gesellschaft gesetzt werden und<br />

sich selbst setzen (können). Im Zusammenhang der „generationalen Ordnung des Sozialen“ (Alanen 1992; Alanen<br />

1997) zeichnet sich dieser Modus durch eine spezifische Konstellation von Kernherausforderungen aus, die<br />

das Jugendalter prägen. Wie jedes Lebensalter ist Jugend durch ganz bestimmte Handlungsanforderungen in der<br />

Vermittlung von Individuum und Gesellschaft strukturiert.<br />

Der Jugendbericht folgt damit einem Modell, das die an die Jugend herangetragenen Kernherausforderungen als<br />

sozialhistorische Konstruktionen thematisiert und jugendpolitisch zur Disposition stellt. Dieses Modell setzt<br />

sich von den eher entwicklungspsychologisch orientierten Sozialisationsansätzen der „Entwicklungsaufgaben“<br />

(vgl. Havighurst 1951; Quenzel 2015) oder der „Lebensspanne“ (vgl. Brandtstädter/Lindenberger 2007) ab, d. h.<br />

es wird nicht davon ausgegangen, dass sich der Mensch „in Stufen entwickelt“ (Quenzel 2015, S. 28) und die<br />

Jugendphase demnach eine bloße „Entwicklungsstufe“ sei, die nach der Kindheit in das Erwachsenenleben<br />

führt.<br />

Jugend wird in diesem Bericht also nicht allein als Arrangement individueller Anforderungen oder Herausforderungen<br />

vorgegebener Stufen betrachtet, sondern als Modus gesellschaftlicher Integration und generationaler<br />

Ordnung. Es wird grundlegend gefragt, wie der Integrationsmodus Jugend auf gesellschaftlich als funktional<br />

betrachtete Zuschreibungen an das Jugendalter antwortet. Demzufolge wird thematisiert, welche Kernherausforderungen<br />

den gesellschaftlichen Integrationsmodus Jugend innerhalb der generationalen Ordnung charakterisieren,<br />

wie diese institutionell arrangiert werden, mit welchen Zuschreibungen, sozialstrukturellen Unterschieden<br />

und damit Erwartungen sie verbunden sind und wie Jugendliche in ihren jeweiligen sozialen Handlungsspielräumen<br />

agieren und diese (mit)gestalten.<br />

Als Kernherausforderungen des Jugendalters im Horizont der generationalen Lagerung werden in diesem Jugendbericht<br />

die Anforderungen Qualifizierung, Verselbstständigung und Selbstpositionierung beschrieben, die<br />

jeweils auf diese spezifischen gesellschaftlich-funktionalen Zuschreibungen an das Jugendalter antworten:<br />

– Mit Qualifizierung wird dabei verknüpft, dass junge Menschen eine soziale und berufliche Handlungsfähigkeit<br />

erlangen sollen.<br />

– Mit Verselbstständigung wird verknüpft, dass junge Menschen eine individuelle Verantwortung übernehmen<br />

sollen.<br />

– Mit den Prozessen der (Selbst-)Positionierung wird verknüpft, dass junge Menschen eine Integritätsbalance<br />

zwischen subjektiver Freiheit und sozialer Zugehörigkeit ausbilden sollen.

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