02.02.2017 Aufrufe

Kinderund

1811050

1811050

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 225 – Drucksache 18/11050<br />

3.4.5 Sexualität und Partnerschaft als Herausforderung im Jugendalter<br />

Der Aufbau und die Pflege partnerschaftlicher Beziehungen im Jugendalter ist damit aus der Perspektive der<br />

Jugendlichen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens und hat für sie einen zentralen Stellenwert. Die Entwicklung<br />

einer eigenen Sexualität und eigener Partnerschaftsvorstellungen ist dabei ein lebenslanger Prozess, mit<br />

dem sich nicht nur Jugendliche „mit sozial definierte(n) Erwartungen im Hinblick darauf, was als alterstypische<br />

Entwicklung und als sozial akzeptierte Form der Bewältigung gilt“ (Scherr 2009, S. 119) auseinandersetzen.<br />

Jugendliche entwickeln eigene Wünsche, Vorstellungen, Unsicherheiten und Ängste. Es gehört zu ihren lebensaltersspezifischen<br />

Aufgaben, zu lernen, mit gesellschaftlichen Ideal- und Normalitätsvorstellungen und Verhaltensanforderungen<br />

umgehen zu können und sich über diese Auseinandersetzung selbst zu positionieren. Damit<br />

sind immer auch Enttäuschungen, emotionale Belastungen und negative Erfahrungen verbunden, die nur bedingt<br />

durch Eltern, Freunde oder pädagogische Institutionen abgefangen werden können. Als entscheidend für<br />

ein positives Erleben oder auch die Bearbeitung negativer Erfahrungen – und damit Ressource für den Erwerb<br />

einer Handlungsbefähigung in Sachen Partnerschaft und Sexualität – erscheinen die Bindungsqualität im Elternhaus<br />

und das Vorhandensein von Gesprächspartnern zu diesen Themen. Insbesondere der Schule kommt<br />

hier als Instanz der Sexualaufklärung eine wichtige Funktion zu, da v. a. Jungen (und insbesondere diejenigen<br />

mit Migrationshintergrund) die Lehrer und Lehrerin als wichtige Personen im Rahmen der Sexualaufklärung<br />

benennen und ihnen im Elternhaus weniger Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Aber auch den Medien als<br />

Informationsquelle räumen die Jugendlichen einen hohen Stellenwert ein, vor allem dann, wenn es um Themen<br />

geht, die sie lieber anonym artikulieren oder die ihnen vor Eltern oder Lehrern peinlich sind (vgl. hierzu auch<br />

Klein 2017).<br />

Wochenplan Laura, 25 Jahre<br />

Porträt 3-4<br />

Laura lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern (5 und 1 Jahre alt) in einer mitteldeutschen<br />

Stadt in einem (noch nicht fertigen) „Häuschen mit Hund“. Da ihr Ehemann „auf Montage arbeitet“, fühlt sie<br />

sich „irgendwie trotzdem alleinerziehend“. Laura macht eine Ausbildung als Physiotherapeutin und besucht<br />

die Berufsschule. Ihr Tag startet um 4.45 Uhr mit dem ersten Weckerklingeln, gefolgt vom zweiten Klingeln<br />

um 5.00 Uhr „wo ich denn auch spätestens aufstehe“. Nach der Morgentoilette und einer Tasse Kaffee „geht<br />

der Spaß los. Ab jetzt wird es stressig“: um 6.15 Uhr weckt sie das erste Mädchen: Zähneputzen, waschen,<br />

anziehen, um 6.30 Uhr steht die Einjährige auf, wieder Zähneputzen, waschen, anziehen. Um 6.45 Uhr „in<br />

aller Eile“ bringt Laura ihre beiden Mädchen in den Kindergarten, um danach selbst um 7.45 Uhr in ihrer<br />

Schule anzukommen. Nach dem Unterrichtsschluss um 15 Uhr holt sie ihre beiden Töchter aus dem Kindergarten<br />

ab, gegen 16 Uhr, zuhause angekommen, spielt sie gemeinsam mit ihren Kindern. Um 17.30 Uhr gibt<br />

es „Abendessen mit allen“, gegen 18.00 Uhr geht die Kleine ins Bett, sodass die Fünfjährige „ihre Mama<br />

noch eine ganze Stunde ganz für sich alleine“ hat. Wenn sie um 19.00 Uhr schlafen geht, beginnt für Laura<br />

der „Alltag“: Gartenarbeit, Wäsche waschen, um den Hund kümmern, Haushaltserledigungen – „und naja …<br />

Lernen“. Gegen 23.00 Uhr kommt Laura zur Ruhe, sieht noch ein wenig fern und schläft ein.<br />

Freitagabend kommt Lauras Mann nach Hause, das Wochenende ist geprägt von den Bauarbeiten am und im<br />

Haus, der Hilfe beim Hausbau der Nachbarn, den gemeinsamen Mahlzeiten und einem sonntäglichen Familienausflug,<br />

mal in den Tierpark, mal ins Schwimmbad. Laura macht sich viele Gedanken darüber, dass durch<br />

„Schule, Fahrweg und Lernen“ die beiden Mädchen „ganz schön zu kurz“ kämen: „ich werde sehr häufig<br />

darauf angesprochen wie ich meinen Kindern sowas antun kann, jedoch versteht kaum jemand, dass man<br />

Kinder auch finanzieren muss und den Kindern auch mal was bieten möchte“.<br />

3.5 Was tun Jugendliche in und mit Jugendkulturen und Jugendszenen?<br />

Jugendkulturen und Jugendszenen gelten als die jugendliche Ausdrucksform schlechthin. Als „juvenile Vergemeinschaftungsformen“<br />

(Hitzler/Niederbacher 2010) bzw. „populärkulturelle deterritoriale Gemeinschaftsnetzwerke“<br />

(Lorig/Vogelgesang 2011) werden sie deshalb zum sozialisatorischen Schmelztiegel jugendlichen Alltagslebens<br />

erhoben und stilisiert – und es spricht einiges dafür, diesen Diagnosen zu folgen. Denn in und mit

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!