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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 307 – Drucksache 18/11050<br />

die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Datenschutzrechts auch auf das Angebot von Internetdiensten aus<br />

Drittländern, oder die Anforderung einer Sicherung von Datenschutz durch Technikgestaltung und Voreinstellungen.<br />

Insgesamt ist die Verordnung aber zu unterkomplex ausgefallen und daher nicht ausreichend an den<br />

Datenschutzrisiken, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, orientiert. Sie bringt insbesondere einen klaren<br />

Rückschlag für die Rechtssicherheit bezüglich des Datenschutzes bei der Nutzung von Internetdiensten,<br />

auch gegenüber der deutschen Rechtslage (z. B. hinsichtlich der Forderung einer kindgerechten Sprache, dem<br />

Recht auf Löschung, dem Recht auf Anonymisierung und Pseudonymisierung, datenschutzfreundlicheren Voreinstellungen,<br />

Verarbeitung von Gesundheitsdaten (vgl. Roßnagel/Richter 2017).<br />

Ein technisches Mittel, das für den Selbstdatenschutz häufig ins Gespräch gebracht wird, ist die Verschlüsselung<br />

von Daten bei E-Mail-Inhalten über Verschlüsselungsstandards wie PGP (Pretty Good Privacy). Hier werden<br />

aber nur die Inhalte der Nachrichten verschlüsselt, weiterhin für Dritte erkennbar bleibt, wer wann mit wem<br />

kommuniziert hat. Das gilt auch für die Verschlüsselung der Kommunikation zwischen Browser und Server<br />

(z. B. mit SSL). Hierbei sind die Nutzer und Nutzerinnen zudem auf die Serverbetreiber angewiesen, können<br />

diesen Schutz also nicht selbstständig ausführen. Eine weitere Möglichkeit, das eigene „Web-Verhalten“ zu<br />

verschleiern, ist, über spezifische Dienste die eigene IP-Adresse zu verbergen. Obwohl das individuelle Surfverhalten<br />

nachvollziehbar bleibt, ist es dann schwierig, es den tatsächlichen Nutzerinnen und Nutzern zuzuordnen.<br />

Unterstützt werden kann der Selbstdatenschutz zudem durch eine einfachere Sprache, und zwar nicht nur, wenn<br />

sich – entsprechend der bislang geltenden Regelung – ein Angebot speziell an Kinder richtet. Vielmehr werden<br />

hier grundsätzlich Bedarfe deutlich, bezogen auf Menschen aus einem anderen Sprachraum, Menschen mit kognitiven<br />

Beeinträchtigungen oder Menschen, die mit dem Rechtsjargon wenig vertraut sind. Anbieter sind daher<br />

aufgefordert, Einwilligungserklärungen und Geschäftsbedingungen in einer Sprache anzubieten, die möglichst<br />

viele Menschen verstehen können.<br />

Neben Empfehlungen zur Datensparsamkeit sind zukünftig auch verstärkt sowohl aufklärende, kritische Positionen<br />

als auch praktische Hilfestellungen zum digitalen Leben zu geben, wozu es z. B. auch gehört, Möglichkeiten<br />

der Verschlüsselung (dies geschieht aktuell z. B. über „Cryptoparties“ 60 ) als auch Anonymisierung und<br />

Pseudonymisierung aufzuzeigen und Hinweise auf Alternativprogramme (Freie Open-Source Software) zu liefern<br />

(Zorn 2015a, b). Damit zeichnet sich für Pädagoginnen und Pädagogen, die (nicht nur) mit Jugendlichen<br />

arbeiten, ein immenser Weiterbildungsbedarf ab.<br />

Erforderlich ist es weiterhin, die sozio-technischen Entwicklungen kontinuierlich zu analysieren und zu reflektieren<br />

und daran anknüpfend notwendige Maßnahmen auch für den Schutz von Jugendlichen zu formulieren, um<br />

ihnen einen eigenverantwortlichen Umgang mit der aufkommenden Technologie zu ermöglichen. Dabei ist<br />

besonders zu beachten, dass die informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich kein paternalistisches Schutzprogramm,<br />

sondern ein Konzept der Möglichkeit zur Eigenverantwortung enthält (vgl. Roßnagel/Richter 2017).<br />

Im Zuge dessen sind insbesondere auch neue Entwicklungen wie Wearables kritisch in den Blick zu nehmen, da<br />

mit ihnen – ganz nebenbei und ohne, dass Jugendliche den Umfang der Erhebung bewusst steuern – immer<br />

mehr und immer intimere personenbezogene Daten gesammelt werden können. Die dauerhaften Auswirkungen<br />

der Erhebung und Verarbeitung von Körperdaten („Self-Tracking“) sind heute noch nicht vollständig absehbar.<br />

Die ersten aufkommenden Krankenversicherungstarife zeigen aber, dass diese Daten auch finanzielle Folgen für<br />

den Einzelnen im Hier und Jetzt aber insbesondere auch später haben können. 61<br />

Darüber hinaus sind weiterhin datenschutzfreundliche Voreinstellungen und Privacy by Design (Datenschutz<br />

per Technik) wichtig. Es kann nicht davon ausgegangen werden und ist Jugendlichen auch nicht zuzumuten,<br />

dass Erziehungsberechtigte ihre Internetnutzung durchgängig eng begleiten. Sinnvoller erscheint es, dass<br />

Dienstanbieter zum Schutz von Kindern und Jugendlichen für technische Maßnahmen sorgen, die die Verarbeitung<br />

personenbezogener Daten möglichst minimieren – dies schließt das Recht zum anonymen oder pseudonymen<br />

Handeln im Internet ein. Darüber hinaus sind Kinder und Jugendliche durch die Förderung von Medienkompetenz<br />

für das Leben in der digitalen Infrastruktur zu sensibilisieren und zu stärken.<br />

60<br />

61<br />

Eine CryptoParty bezeichnet ein Treffen von Menschen mit dem Ziel, sich gegenseitig grundlegende Verschlüsselungstechniken (zum<br />

Beispiel Tor, VPN, OpenPGP) beizubringen. CryptoPartys sind öffentlich und nicht-kommerziell und unterstützen Open-Source-Software.<br />

Der oder die Versicherte legt z. B. im Rahmen des Programms seiner Krankenkasse Ziele fest, die er/sie erreichen möchte. Den jeweils<br />

erreichten Status teilt er/sie der Versicherung über eine spezielle App mit. Für besondere Maßnahmen wie die Teilnahme an Fitnesskursen<br />

können Extra-Punkte vergeben werden. Motiviert wird der/die Versicherte über Rabatte oder Gutscheine. Problematisch wird die Datensammlung<br />

dann, wenn die gesammelten „Fitness-Daten“ mit den Versicherungsdaten zusammengefügt und daraus neue Risikokalkulationen<br />

vorgenommen werden, die dann Auswirkungen auch auf angebotene Tarife im späteren Leben haben.

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