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Kinderund

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 255 – Drucksache 18/11050<br />

tische Inhalte abwechseln. Auch der Montag ist für ihn ein „relativ facettenreicher Tag“, da er die „richtige<br />

Mischung zwischen Praxis und Theorie hat, um den Montag zu überleben“.<br />

Nach der Schule fährt Alexander zurück „in die Heimat (…) meistens kommt jetzt meine erste Mahlzeit am<br />

Tag, obwohl ich auch öfter was Kleines in der Schule esse.“ An drei Tagen in der Woche treibt Alexander<br />

Sport in einem Fitnessstudio. Wenn er kein Training hat, „entspannt“ er in der Zeit nach der Schule mit einem<br />

„Kumpel vor dem Rechner“ und sie „machen nix weiter als zu spielen“. Zwischendurch holen sie sich<br />

etwas zu Essen „vom Chinesen gegenüber und schauen eine neue Folge Game of Thrones“. Gespielt wird<br />

etwa bis 22.30 Uhr. Um 23.00 geht Alexander „so wie jeden Abend noch raus und rauche noch eine und genieße<br />

die frische Luft und die Stille auf den Straßen“. 23.20 Uhr geht Alexander für gewöhnlich ins Bett,<br />

nimmt sein „Tablet in die Hand, um noch ein wenig im Internet zu surfen und noch Videos zu schauen“.<br />

Zwischen 24.00 und 1.00 Uhr schläft er dann meistens ein.<br />

Jeden Freitag fährt Alexander nach dem Unterricht zu seiner alten Schule „um mich mit einigen alten Schulfreunden<br />

zu unterhalten“. Nach dem Freitagstraining entspannt Alexander meist vor dem Rechner und macht<br />

sich ab 21.00 Uhr „fertig, um mit meinen Freunden in den Club zu gehen“, wo er „viele alte Schulfreunde<br />

treffen wird und allgemein die halbe Jugend der Stadt anwesend“ ist. Gegen 4.00 Uhr ist er dann manchmal<br />

„ziemlich betrunken … endlich zu Hause“.<br />

Samstags und sonntags wird ausgeschlafen und danach lernt Alexander für die Schule und setzt sich im Anschluss<br />

zur Entspannung an den Rechner. Auch am Samstag geht Alexander meistens aus. Sonntags ist dann<br />

„immer ein ruhiger Tag, wo ich nur Zuhause bin, außer etwas Spannendes steht an, dann geh ich manchmal<br />

auch sonntags noch weg.“<br />

3.8.2 Raumhandeln Jugendlicher in peripherisierten und segregierten Räumen<br />

Raumaneignung Jugendlicher in „realen“ öffentlichen Räumen kann nicht losgelöst von regionalen Besonderheiten<br />

betrachtet werden, die die Jugendlichen jeweils vorfinden und die ihren Handlungsspielraum bedingen<br />

und grundlegen. Unter dem Stichwort „regionale Disparitäten“ wird versucht, diese Zugänge im Hinblick auf<br />

Peripherisierungs- und soziale Segregationsprozesse zu verhandeln und genauer auszuloten. Die Perspektive auf<br />

regionale Disparitäten bezieht sich damit zum einen auf ländliche Regionen und zum anderen auf innerstädtische<br />

Dynamiken. Aktuell ist in diesem Zusammenhang ein deutlicher Anstieg an Forschungsarbeiten und Diskussionen<br />

im Hinblick auf problematische Entwicklungen festzustellen. Regionale Disparitäten werden dabei<br />

vor allem vor dem Hintergrund der Frage nach der Verräumlichung sozialer Ungleichheit auch in ihren Konsequenzen<br />

für die Lebensbedingungen und Handlungsmöglichkeiten von Jugendlichen diskutiert. Die Wohnregion<br />

gerät damit nicht allein als statische Differenzierungskategorie in den Blick, sondern stärker als Bedingungsfaktor<br />

ungleicher Zugangs- und Teilhabechancen und somit als Ermöglichungs- und Begrenzungsraum jugendlichen<br />

Handelns und damit verbundener Lern- und Bildungsprozesse.<br />

Peripherisierung und residenzielle Segregation verweisen dabei auf unterschiedliche gesellschaftliche Wandlungsprozesse,<br />

die beide die Entwicklung benachteiligter Wohnregionen fokussieren. Peripherisierung wird<br />

aktuell vor allem mit ländlichen Räumen in Verbindung gebracht, zielt aber auf die Beobachtung einer Abkopplung<br />

sozialräumlicher Entwicklungen aufgrund von Interdependenzen zwischen ökonomisch strukturschwachen<br />

Regionen und demografischen Wandlungsprozessen, die letztlich auch Abwanderungsbewegungen befördern<br />

(vgl. auch Kap. 2).<br />

Nicht nur für die jugendlichen Bewohnerinnen und Bewohner dieser Regionen bedeutet dies, „dass sich ihre<br />

Zugangs- und Teilhabechancen dauerhaft vermindern und ihnen weniger Handlungsspielräume zur Gestaltung<br />

ihrer Lebensziele zur Verfügung stehen“ (Barlösius/Neu 2008, S. 6).<br />

Residenzielle Segregation wird demgegenüber aktuell primär auf städtische Entwicklungen und die unterschiedliche<br />

Verteilung von Bevölkerungsgruppen auf bestimmte städtische Teilräume (Friedrichs 1995, S. 79) bezogen.<br />

Dabei werden, im Gegensatz zur häufig stärker makrostrukturell verhandelten Perspektive auf Peripherisierung,<br />

Prozesse freiwilliger und unfreiwilliger Segregation (vgl. Häußermann u. a. 2008) als Ursachenfaktoren<br />

diskutiert, die auf sozial unterschiedliche Möglichkeiten der Wohnortwahl nach individuellen Präferenzen verweisen.<br />

Im Ergebnis ist Segregation dann „die Abbildung sozialer Ungleichheiten, ungleicher Lebenslagen, Lebensformen<br />

und Lebensstile der Menschen auf den Raum“ (El-Mafalaani/Strohmeier 2015, S. 18).

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